: Einführung der 168- Stundengitterwoche
■ betr.: „Zittern vor den Gittern“, taz vom 7.9.98
Wenn ich mir so die Zahl der justizgeschädigten Insassen der bundesdeutschen Menschenverwahranstalten ansehe, würde sich die Zahl der Gittergeschädigten deutlich vermehren. In diesem Fall liegen die Zahlen der Bediensteten weit unter dem Durchschnitt der leidenden Insassen.
Auch wir, die wir tagtäglich – ohne die obligatorische Stunde ohne Gitter – zwischen Gittern leben, sind quasi berufsunfähig und müßten daher ebenfalls pensioniert werden, besser gesagt, aus der Haft entlassen werden. Leider haben wir keinen Pensionsanspruch und müssen uns mit der sauer erarbeiteten Rücklage zufrieden geben. Wünschenswert wäre auch, daß wir genügend vorbereitet verabschiedet werden, um am Leben in der Öffentlichkeit teilnehmen zu können. Das heißt, daß in vielen Gefängnissen aufgrund der Gittermanie einiger Bediensteter keine Resozialisierung stattfindet.
Auch in den Jahren, in denen wir uns durch die Gefängnisarbeit den sogenannten Pensionsanspruch zu sichern versuchen, ist es durch die herrschende Gesetzgebung kaum möglich, ein Leben in gesellschaftlicher Verantwortung zu führen. Aus diesem Grunde plädiere ich für die Einführung der 168-Gitterstundenwoche bei vollem Lohnausgleich mit Pensions- beziehungsweise Entlassungsanspruch. Hans-Reinhard Kraemer,
JVA Santa Fu, Hamburg
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