: Einer fuhr Ost Einer fuhr West
■ Grenzübergangsstellen platzen aus den Nähten
Kassel (adn) - Ein Reiseboom hat auf den Straßen zwischen West und Ost eingesetzt. Allein im Januar reisten an den BRD -Grenzen 18 Millionen PKW ein und aus. Im gesamten Jahr 1989 waren es im Vergleich dazu etwa 53 Millionen, wobei auf die Monate November und Dezember 40 Millionen entfielen. Unvorstellbar groß wäre wohl erst das Chaos, wenn die rund 30 Millionen zugelassenen PKW der Bundesrepublik und die etwa sechs Millionen der DDR zur selben Zeit die Autotrassen diesseits und jenseits der offenen Grenze bevölkern würden. Spitzen sind jedoch für die kommenden Wochen und Monate absehbar.
Besonders zu Ostern werden die jetzigen 130 Grenzübergangsstellen - im Oktober nur 9 - zwischen der Bundesrepublik und der DDR aus den Nähten platzen. Gerade dann ist ein flüssiger Verkehr ohne übermäßig große Staus vonnöten. Deshalb müssen in nächster Zeit die Zufahrten zu den Übergangsstellen bautechnisch verbessert werden, so Dr. Klimke. Gleichzeitig bedarf es in beiden Richtungen ausreichender und auskunftssicherer Verkehrsschilder. Für den dringlichen Ausbau von Bundesfernstraßen und grenznahen Strecken sind für dieses Jahr im Nachtragshaushalt des Bundeskabinetts, der im Februar beschlossen wurde, rund 200 Millionen D-Mark vorgesehen. Erste gemeinsame Projekte zur Schließung von Lücken bei West-Ost-Verkehrswegen, die vor zwei Wochen in Erfurt vereinbart wurden, stehen fest. So soll im Zuge der A 4 der sogenannte Thüringer Zipfel der Autobahn Herleshausen-Eisenach geschlossen werden. Weitere Vorhaben sind der Ausbau der Trasse Hof-Plauen und die Elbquerung bei Dömitz im Bezirk Schwerin, um eine Verbindung zwischen Niedersachsen und Mecklenburg zu schaffen. Bis 1991 sollen dann für Verkehrsmaßnahmen wahrscheinlich Aufträge in Höhe von rund einer Milliarde D-Mark vergeben werden. Und schließlich steht für ebensolche Aufgaben in der DDR natürlich auch der „Gegenwertfonds“ zur Verfügung, der durch den Umtausch von Mark in DM in der DDR aufläuft. Probleme gibt es dabei vor allem bei der nicht ausreichenden Anzahl von Arbeitskräften und den technischen Möglichkeiten in der DDR. Das heißt, in der DDR muß ein marktwirtschaftliches Verkehrswesen gebildet werden - mit leistungsfähigen Strukturen.
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