Eine glückliche Witwe: Späte Anerkennung einer Roma-Ehe
Nach neun Jahren Rechtsstreit hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ehe eines Roma-Paares endlich anerkannt. Spanien muss 70.000 Euro an die Witwe zahlen.
MADRID taz | Ich bin so glücklich, endlich erkennen sie an, dass wir ganz normale Menschen sind", erklärte María Luisa Muñoz Díaz, als die Anwältin ihr die gute Nachricht überbrachte. Nach knapp neun Jahren Rechtsstreit hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg jetzt die Ehe der 53-jährigen Romni anerkannt. Und damit ihren Anspruch auf Witwenrente. 70.000 Euro muss Spaniens Sozialversicherung der Blumenverkäuferin aus Madrid zahlen.
Es war ein langer Weg. Sozialgericht, Oberstes Gericht der Provinz Madrid, spanisches Verfassungsgericht, sie alle weigerten sich, die Romni, die 1971 im Alter von 15 Jahren den kaum älteren Rom Mariano heiratete, als Witwe anzuerkennen. Der Grund: Die Ehe wurde nach Roma-Bräuchen geschlossen und nie in das Zivilregister eingetragen. Dies war 1971 gar nicht möglich. Wer sich nicht vor dem Altar das Jawort gab, galt weiterhin als ledig.
Ehemann Mariano arbeitete 19 Jahre als Maurer. Brav zahlte er Sozialversicherung für die gesamte Familie. Auch ein Familienbuch hatte das Paar, in dem die sechs Kinder eingetragen wurden. Nach Francos Tod 1975 bekam Muñoz gar die Vergünstigungen, die kinderreichen Paaren in Spanien zustehen. Nur als Mariano am Heiligabend 2000 an einem Herzinfarkt starb, war das alles nichts mehr wert.
Muñoz hatte keine Wahl. Die zierliche Frau verdient sich seither ihren Unterhalt als Straßenverkäuferin von Blumen. So manchen Monat musste sie mit 200 Euro zurechtkommen.
Vor sechs Monaten trat Muñoz dann ihre große erste Reise an. Sie flog nach Straßburg zum Menschenrechtsgerichtshof. Der Staat könne von jemandem wie La Nena nicht erwarten, "dass sie sich nach Kirchenrecht vermählt", befand das Gericht. Außerdem sei die Möglichkeit, sich in ein Register für Paare ohne Trauung einzutragen, erst nach dem Tod von Ehemann Mariano eingeführt worden.
Gefragt, was sie jetzt mit dem Geld machen werde, muss María Luisa Muñoz Díaz nicht lange nachdenken: "Ich würde gerne einen kleines Kleidergeschäft eröffnen, um davon leben zu können. Außerdem möchte ich ans Meer reisen." Das hat sie bislang nur einmal gesehen, vom Flugzeug aus, auf dem Weg nach Straßburg.
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