: „Eine ganz normale Kriegsmaterialfirma“
■ Auch beim Verramschen von NVA-Material dicke mit dabei: Imes-Stammkunde Karl-Heinz Schulz
Lange Jahre zählte er zu den Stammkunden bei Schalcks Waffenfirma Imes: Der norddeutsche Waffenhändler Karl-Heinz Schulz, der in dem Örtchen Boom nahe Antwerpen die Firma Beij-Ma betreibt. Klar, daß er auch beim großen Sonderschlußverkauf anläßlich der Auflösung der DDR samt NVA noch mal dicke mitbot.
Schulz erstand, was zu kriegen war: Vom Kompaß für 50Pfennig (15.000 Stück) über den Paradesäbel für 50Mark (100 Stück) bis zum kompletten Kampfpanzer T72 samt Ersatzteilen und Bordmunition (100 Stück für 18 Millionen DM). Dazu Land- und Tretminen zum Schleuderpreis und jede Menge Schießprügel.
Der letzte DDR-Minister für Abrüstung und Verteidigung, Eppelmann, hatte sich für die Ramschaktion, bei der auch andere Waffenhändler aus dem In- und Ausland kräftig zulangten, ausdrücklich aus Bonn grünes Licht geben lassen. Nun liefert sich Aufkäufer Schulz ein erbittertes Paragraphengefecht mit dem Bundesverteidigungsministerium (BMVG), das als Rechtsnachfolger der DDR-Armee die Verträge aus Furcht vor internationalen Negativ-Schlagzeilen nicht mehr erfüllen will. Und das, obwohl Schulz auch einen zweiten Vertrag mit Bonn in Händen hält.
Besonders erzürnt ihn, daß Bonn bereits Teile der Kriegsartikel, die er sein eigen wähnt, als Rüstungshilfe in die Türkei verschoben hat. Beim Bundeskanzler hat er Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Verteidigungsminister eingereicht. Vor Gericht will er auf Vertragserfüllung klagen. Rückt Bonn den NVA-Schießkram nicht bald raus, droht Schulz, „ziehen wir denen in Bonn die Hosen runter, daß es nur so pfeift“. Wie der Waffenschieber von der Waterkant in seinem Küstenidiom so über die Bonner Oberen herzieht, könnte ihn fast symphatisch machen. Von krummen Geschäften will er gar nichts wissen: „Wir sind eine ganz normale Kriegsmaterialfirma.“ Er arbeite nur mit ordnungsgemäßen Lizenzen. Das darf bezweifelt werden: In Lübeck ist ein Strafverfahren gegen ihn anhängig wegen ungenehmigten Abschlusses eines Kaufvertrages über rund 50 französische AMX-30-Schützenpanzer. Trotz des Ärgers hierzulande will er jetzt auch im vereinigten Deutschland eine Firma aufziehen. Auf Schulzes NVA-Shoppingliste stehen auch 100 Gewehre des Typs HK33SGL für 1.000 Mark das Stück. Dieser Gewehrtyp wird von der schwäbischen Waffenschmiede Heckler & Koch hergestellt, welche bislang als Ausrüsterin der Bundeswehr, nicht aber der NVA galt. Gut möglich, daß Schulz selbst das Zeug irgendwann mal über die Mauer verschoben hat.
Er selbst weist solche Verdächtigungen freilich zurück. Er habe in seinem ganzen Leben nur eine einzige Waffe Marke Heckler & Koch gekauft: „Meine persönliche Pistole.“
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