Eine bleibende Errungenschaft

betr.: „Wir alle diskutierten die Stadtguerilla. Sogar jeder Schüler“, Interview mit Klaus Theweleit, taz.mag vom 2. 7. 05

Damals, 1968, fragten die APO-Leute ihre Eltern, was denn damals, 1933, los gewesen sei. Heute bin ich, Spätgeborener, am Zeitgeist meiner Elterngeneration interessiert, und die laufenden Beiträge zu diesem Thema in der taz sind sehr informativ.

In dem Interview mit Klaus Theweleit kommt die Orientierungssuche der damaligen Linken im Spannungsfeld zwischen dem eigenen Pazifismus, dem Erregen öffentlicher Aufmerksamkeit, dem Erreichen politischer Ziele und dem Ausleben ohnmächtiger Wut sehr gut rüber. Und es zeigt eine bleibende Errungenschaft dieser Zeit: Viele Thesen zur Legitimation oder Nichtlegitimation von Gewalt, zur Differenzierung des Gewaltbegriffs (gegen Personen/Sachen, strukturelle Gewalt), zu den Möglichkeiten und Gefahren der Gewaltanwendung. Ein weiterer Grund, warum man die „68er“ nicht achtlos auf den Müllhaufen der Geschichte werfen sollte.

Aber mal eine Gegenposition: Ich mag Waffen, trotzdem scheidet für mich physische Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung aus, in erster Linie weil sie Urtriebe bedient und eine nicht zu kontrollierende Eigendynamik entwickelt (auch Steinwürfe gegen Häuser und Prügeleien mit der Polizei). Aber die Frage, ob eine Machtstruktur zu bekämpfen sei und mit welchen Mitteln, ist nach wie vor wichtig. Zum Beispiel mit Blick auf das internationale Kapital: Viel Macht in Händen demokratisch nicht legitimierter und schon gar nicht kontrollierter Menschen, die ihre Skrupellosigkeit oft genug unter Beweis gestellt haben. Wie weit kommen wir da noch mit pazifistischen Mitteln? An dieser Stelle können wir die oben genannten Thesen wieder aus der Schublade holen und weiterentwickeln. Diskussion bald in der taz? JAN PAUL LINDNER, Stuttgart

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