: „Eine Portion Rinderwahn“
■ Glaubt man den Bremer Schlachtern, hat BSE hier keine Chance / Ein Umfrage
Rindfleisch genießt zur Zeit einen schlechten Ruf. Die Rinderseuche BSE soll auf Menschen übertragbar sein, so die neuesten Untersuchungen britischer WissenschaftlerInnen. Wie reagieren die Bremer VerbraucherInnen auf diese Meldungen? Welche Antworten bekommen sie im Laden?
Nachdenklich und vorsichtig, aber nicht panisch sei die Stimmung unter der Kundschaft, schildert Brigitte Sahl, Angestellte der Fleischerei Safft im Viertel: „Die Kunden nehmen–s mit Humor. –Eine Portion Rinderwahn– ist der angesagte Witz.“
„Die Leute fragen viel“, berichtet Wolfgang Lücke, Leiter der Lebensmittelabteilung von Karstadt. Er kann die Kundschaft auf die schriftliche Garantie des Hauses verweisen, wonach die Rinder ausschließlich aus Schleswig-Holstein stammen. Trotzdem würde weniger Rindfleisch gekauft – Lücke beziffert den Umsatzrückgang auf 50 Prozent.
„Herkunftsgarantien“ versprechen auch die anderen Fleischereien. Importiert werde Fleisch allenfalls aus Argentinien, heißt es in einigen Schlachtereien; andere geben an, ihre Rinder sogar nur aus dem Bremer Umland zu beziehen. Carola Dietrich, die seit 30 Jahren bei der Schlachterei Bunzel im Viertel arbeitet, hat folgende Erklärung dafür, daß der Rinderwahn bei ihr keine Chance hat: „Nur 3,2 Prozent der Rinder, die in Deutschland geschlachtet werden, stammen aus Großbritannien. Für die Schlachter ist es einfach zu teuer, britische Rinder zu importieren, wo deutsche Rinder vor der Tür stehen. Außerdem zieht man als Mittelstand gerne die eigene Wirtschaft vor.“ Sie sucht gern das persönliche Gespräch mit den Kunden, um deren Fragen zu klären. Daß die englischen Rinder statt mit vegetarischer Kost aus Profitgründen mit tierischen Innereien gefüttert wurden, ärgert sie. „Die Leute, von denen wir hier im Umland unsere Rinder beziehen, leben auf kleineren Höfen, in engerer Verbundenheit mit den Tieren. Da gibt es eine solche Praxis nicht.“ Darüber wundert sich auch Kunde Werner Brennecke am meisten: „Wie kann man Rindern so etwas verfüttern?“
„Endlich passiert mal etwas. Sonst würde man mit den Verbrauchern alles machen können“, findet Ingrid Homburg, Filialleiterin bei Metzger Heinz. Für die kleineren Schlachtereien sei diese Situation keine große Umstellung, denn sie bezögen ohnehin kein britisches Rindfleisch. Nur sei in diesem Punkt die Kundschaft leider nicht genügend aufgeklärt. Und so sei auch hier ein Umsatzrückgang deutlich spürbar.
„Jeder zweite fragt nach Rinderwahn, und viele weichen tatsächlich aus auf Geflügel, Lamm und Schwein“, berichtet Volker Schütte, Fleischer im Comet-Markt am Ziegenmarkt. Der Trend ginge aber in den letzten Jahren ohnehin verstärkt zu Geflügel und Lamm. Er befürchtet jedoch, daß die momentane „Rindfleisch-Hysterie“ noch bis zu einem halben Jahr anhalten könne, so seine Erfahrung aus vorangegangenen Fleisch-Skandalen. Seinen Appetit auf zwei Rindersteaks pro Woche läßt er sich jedenfalls nicht verderben.
K.B./Ni
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