■ Eine Bundespräsidentin wäre ein Gewinn : Den Herren fällt nichts Neues ein
betr.: „Die Ironie des lieben Gottes“ von Klaus Harpprecht, „Ihr zweiter Präsidenten-Wahlkampf“ (Nicht zum ersten Mal geht Gesine Schwan in ein aussichtsloses Rennen …), taz vom 6. 3. 04
Es fällt den Herren nichts Neues ein. Zum demonstrativen schönen Verlieren wird flugs noch eine nachweislich gut geeignete Frau nominiert. Beim letzten Mal benannte die CDU die Rektorin der Uni Ilmenau Dagmar Schipanski als chancenlose Kandidatin. Dieses Mal zieht Rot-Grün nach mit Gesine Schwan, der Rektorin der Viadrina. Natürlich erst, nachdem CDU/CSU/FDP sich endlich auf einen männlichen Kandidaten geeinigt haben.
Wozu wird überhaupt „gewählt“? Ohnehin ist klar, wer es wird. Das weiß auch der Dümmste, wenn er die Mehrheiten kennt und liest, dass Herr Köhler sein Führungsamt niederlegt, um sich wählen zu lassen, während Frau Schwan das ihre behält. Sicher, in der ohnehin geringfügig weiblich besetzten RektorInnenlandschaft deutscher Universitäten wäre ihr Abgang ein gewichtiger Verlust. So wie eine Bundespräsidentin absolut ein Gewinn wäre in einer Zeit, wo soziale Kompetenz und soziale Intelligenz im repräsentativen Spitzenamt bitter Not tun. Fähigkeiten, die mit Sicherheit nicht zu den allerersten eines IWF-Managers gehören. Ossis dürfen sich freuen, in Zukunft Globalisierungsleitprinzipien vom Bundespräsidenten als Antwort auf die sozialen Probleme ihrer Länder unter die Nase gerieben zu bekommen. Weil Altersheime nun wirklich nicht als innovativer, Kosten senkender Wirtschaftsmotor gelten.
ELKE SCHILLING, Ebendorf
Mein Kommentar an Frau Christiansen: Das Demokratieverständnis scheint ja absolut untergegangen zu sein, auch bei Ihnen! In Ihrer Sendung gestern machten auch Sie deutlich: Der nächste Bundespräsident ist H. Köhler. Wieso eigentlich? Es gibt zwei Kandidaten. Zwar kenne ich Frau Schwan nicht weiter, doch die Umfragen zeigen es: Die meisten Menschen möchten gerne diese Frau als Bundespräsidentin. Sie scheint enorm intelligent und sehr charmant. Das ist, was man dazu braucht. Der andere Kandidat ist für mich suspekt: Warum würde er einen so guten Posten aufgeben beim IWF für einen „nur“ repräsentativen Posten als Bundespräsident? […]
Ich hoffe auf die Frau als Bundespräsidentin.
ANGELA BADELT, Nürnberg
Es steckt schon eine gewisse Symbolik darin, dass wenige Tage vor dem Frauentag wieder einmal als „Pflichtübung“ eine Frau als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten aufgestellt wurde, wohl wissend, sie hat keine Chance. Allerdings, meine Damen der Opposition aus dem Bundestag, wenn Sie und Ihre Kolleginnen aus den Landtagen bei dieser Wahl ausnahmsweise mal auf den Fraktionszwang pfeifen würden, könnten Sie Geschichte schreiben. Ist Ihnen Parteipolitik allerdings wichtiger, sollten Sie sich in Sachen Gleichberechtigung künftig zurückhalten. HARALD PAPENFUSS, Erfurt
Es gibt zum Internationalen Frauentag für die Frauen in Deutschland wieder mal nichts zu feiern. Das Staatsoberhaupt in der BRD wird vermutlich wieder ein Mann sein und Horst Köhler heißen.
Keine der politischen Parteien hat sich im Vorfeld der KandidatInnenauswahl mit Ruhm bekleckert. Für die CDU/CDU stand fest, es muss ein Mann sein! Sonst könnte ja evtl. demnächst der Super-GAU eintreten und die beiden höchsten Regierungsämter werden von zwei Frauen bekleidet. SPD und Grüne mischten sich überhaupt nicht erst in die Debatte ein, sondern zauberten praktisch in letzter Minute eine Frau aus dem Hut. Der Bevölkerung bleibt da nur die Hoffnung, dass sie beim nächsten Mal die Präsidentin/den Präsidenten direkt wählen kann. Den Frauen bleibt noch die Hoffnung, dass es die Solidarität unter den Frauen in der Bundesversammlung doch gibt und Gesine Schwan die nächste Bundespräsidentin sein wird.
CHRISTIANE LUKE, Siegen
Klaus Harpprechts Kommentar zur Bundespräsidentenwahl ist einer von jenen großartigen Texten, derentwegen sich das taz-Abo auf jeden Fall lohnt. Dieses merkwürdige Unbehagen, das wir in den vergangenen Tagen verspürt haben, ist hier präzise auf den Punkt gebracht (wie auch schon am Tag zuvor mit dem Aufmacher „Merkel wird Kohl“).
Es kann einem wirklich angst werden in „diesem unserem Lande“, wenn es tatsächlich möglich ist, dass Figuren wie Guido Westerwelle Entscheidungen treffen, obwohl seine Partei gerade mal vier Tage vorher bei der Hamburg-Wahl gewaltig eins auf die Mütze bekommen hat. […] UWE KÜNZEL, Freiburg
Eigentlich geht es nur um die Macht, denn ich kenne einen Horst Köhler vom Währungsfonds genauso wenig wie eine Gesine Schwan von der Europauniversität. […] Es geht ja eigentlich und immerhin um das höchste Amt in Deutschland, und da sollten die Deutschen dessen Inhaber doch wenigstens kennen. […]
Genauso gut könnten die Parteien die jeweiligen Pförtner der Parteizentralen aufstellen, denn die sind bestimmt auch sehr integer und verdienstvoll und verfügen bestimmt über Parteibücher. Wenn es denn nun ein fast unbekannter politischer Nobody sein soll, dann hebe ich die Hand. Auch ich könnte im Amt wachsen und meine Qualitäten zeigen. Außerdem hab ich grade Zeit, wie fast fünf Millionen andere Deutsche auch, und auch nichts gegen eine Nebeneinkunft! RONALD SCHUBERT, Berlin
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