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Archiv-Artikel

Aubis-Prozess Eine Art Ersatz-Prozess

Normalerweise wäre die Pressebank weitgehend leer, wäre wenig von dem Prozess zu lesen und zu hören. Ein Wirtschaftsverfahren, kompliziert dazu, zwar von der Anlage nicht unspannend, aber eher etwas für Insider. Ein Stück mit mehreren älteren Männern, ohne Blut, ohne Sex oder hübsche Frau, aus der sich ein „Bankenluder“ machen ließe. Alles ganz anders als etwa in einem Krimi zur Bankaffäre, der vor ein paar Monaten mit dem passenden Titel „Die Raffkes“ erschien.

KOMMENTARVON STEFAN ALBERTI

Dass das Medieninteresse an dem Strafverfahren gegen die Ex-Aubis-Manager und früheren CDU-Abgeordneten Christian Neuling und Klaus Wienhold trotzdem groß ist, hat einen einzigen Grund. Hier findet ein Stellvertreterprozess statt – so wie man von Stellvertreterkriegen sprach, wenn USA und UdSSR Konflikte in Drittländern ausrüsteten, statt selber aufeinder loszuschlagen.

Denn sehr wahrscheinlich wird der eigentliche Prozess nie kommen. Der, der sich im Kern um die Bankgesellschaft und faule Kredite dreht. Jemand wie die Grünen-Abgeordnete Barbara Oesterheld etwa, akribische Ermittlerin im Untersuchungsausschuss, würde liebend gern zentrale Figuren abgeurteilt sehen. Doch auch sie sagt: „Einen großen Prozess zu Aubis oder der Bankgesellschaft wird es nicht geben.“ Zu schwierig ist die Beweislage. Mieses Wirtschaften reicht nicht für ein Verfahren, geschweige denn für eine Verurteilung.

So lasten auf diesem Prozess, in dem es nur um 800.000 Euro geht, die Erwartungen vieler, die auf Gerechtigkeit in der milliardenschweren Bankaffäre hoffen – auch wenn der Betrug, den die Staatsanwaltschaft Neuling und Wienhold vorhält, nichts mit den Folgekosten irrsinniger Fonds zu tun hat. Grundidee: Zumindest einer soll bluten. Wenn schon nicht die Bankmanager, wenn nicht der damalige CDU-Pate Landowsky, dann doch zumindest seine Parteispezis Wienhold und Neuling.

Ein bisschen erinnert das an Al Capone. Dem wurde Mord und Totschlag nachgesagt, aber nie nachgewiesen. Verurteilen konnte man ihn nur stellvertretend: wegen Steuerhinterziehung.