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■ Ein schwedischer Anrufbeantworter ersetzt den ArztbesuchDer automatische Onkel Doktor

Stockholm (taz) – „Guten Tag, hier spricht der automatische Arzt. Wo tut's denn weh? Bei Bauchweh bitte die 5 drücken, ist's am Kopf, bitte die 2, wenn's am Bein schmerzt, bitte die 7.“ So ähnlich hört es sich an, wenn man im mittelschwedischen Ljungby die 0712/10119, die Nummer des immer diensthabenden Arztes, wählt, eines Anrufbeantworters des fortgeschrittenen Typs, mit dem man sich durch ausdauerndes Tastendrücken durch gut hundert Krankheiten, Schmerzen und Beschwerden aller Art wählen kann. Die Auskünfte sind kurz und präzise, empfehlen Haus- oder einfache Arzneimittel. Hat jemand aber beispielsweise starke Bauchschmerzen unten rechts oder Erbrechen und Fieber eingedrückt, erhält er die dringende Empfehlung, umgehend einen richtigen Arzt zu konsultieren.

Der Modellversuch in Ljungby, der seit vergangenem Herbst läuft, hat sich als so großer Erfolg erwiesen, daß man nun auch an einen landesweiten Dienst denkt. Zu zahlen ist die Gebühr, die ansonsten etwa für die verschiedenen Telefonsex-Dienste zu entrichten sind (circa eine Mark pro Minute) und bei denen man sich – auch tastendrückend – durch das Reich der Sexualität telefonieren kann. Im Gegensatz zu diesen versucht der automatische Onkel Doktor jedoch nicht, die Gepeinigten so lange wie irgend möglich gebührenverursachend am Hörer hängen zu lassen: Die Auskünfte dauern nicht länger als zwei Minuten. Damit ist der Automatendoktor allemal billiger als die Busfahrkarte zur nächsten Arztpraxis. „Die meisten Fragen hat der Automat zu Kopfweh, Darmkatarrh und Gewichtsproblemen registriert“, berichtet die für diesen Dienst verantwortliche Monica Gustafson: „Unser Personal, das sonst schichtweise Telefondienst machen mußte, können wir nun für vernünftigere Arbeiten einsetzen.“ Und auch aus dem Kreis der PatientInnen kommen keine Klagen. Im Gegenteil, bezüglich der Gesundheitsvorsorge glaubt Monica Gustafson sogar an einen positiven Effekt: „Den Anrufbeantworter rufen die Leute früher an, als sie eine Ambulanz aufsuchen würden; vor allem, wenn es um intime Fragen geht.“ Nur eine Frage der Zeit dürfte es sein, bis auch die Telefonseelsorge, die in den meisten schwedischen Städten den schönen Namen „diensthabender Mitmensch“ trägt, durch einen Automaten ersetzt wird: „Alkoholprobleme die 1, Selbstmordgedanken die 2, allgemeiner Weltschmerz die 3, notorische Wut auf Anrufbeantworter bitte die 9 drücken...“ Reinhard Wolff

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