: Ein planungsrechtliches Abenteuer
■ Hafenerweiterung Altenwerder: Erhebliche Zweifel an der Rechtsgrundlage Von Heike Haarhoff
Die Rechtsgrundlage für die geplante Hafenerweiterung Altenwerder steht auf ganz wackligen Beinen. Das geht aus Stellungnahmen zur Aufhebung der Bebauungspläne „Altenwerder 1/ Moorburg 6“ hervor, die derzeit im Bezirksamt Harburg ausliegen.
Die Bedenken richten sich vor allem gegen die Rechtmäßigkeit des Hafenentwicklungsgesetzes (HafenEG), mit dem sich das Land Hamburg 1982 ein höchst ungewöhnliches Sonderplanungsrecht geschaffen hat: Als flächenbezogenes Planungsrecht wurde es über das Baugesetzbuch (BauGB), also das Bundesrecht gestellt. „Verfassungsrechtlich bricht Bundesrecht aber Landesrecht“, erklärt der Hamburger Anwalt Martin Hack. Die wenigen Ausnahmen träfen auf das HafenEG nicht zu.
Genau hier liegt der Knackpunkt: „Es wäre ja gar nicht nötig, die alten Bebauungs- und Baustufenpläne nach dem BauGB aufzuheben, wenn das Hafenentwicklungsgesetz darüber steht“, weist GAL-Wirtschaftsreferent Detlev Grube auf den Widerspruch hin.
Das HafenEG könnte im Fall einer Klage zusammenbrechen, ein Verfahren, das die Hafenerweiterung um Jahre verzögern, wenn nicht völlig zunichte machen würde. „Dieser Sorge schließen wir uns an, auch in Anbetracht sehr umfangreicher staatlicher (...), aber gleichfalls auch privatwirtschaftlicher Investitionen, die im Vertrauen auf die Hafenplanung und das HafenEG getätigt wurden“, heißt es in der Stellungnahme der Handwerkskammer vom 19. April. Daneben wird bemängelt, daß der Handwerkskammer, die sich als Trägerin öffentlicher Belange zu dem Verfahren äußern soll, „nicht auch zumindest eine nachvollziehbare (...) Darstellung der Grundlagen des Vorhabens der Hafenerweiterung Altenwerder zugeschickt wurde.“ Auch sei die Landwirtschaftskammer nicht in das Verfahren einbezogen worden, obwohl sie wegen der Überplanung der Altenwerder-Flächen und der ökologischen Ausgleichsmaßnahmen an der Alten Süderelbe zuständig sei.
Hier wurde nachgebessert: Bis zum 8. Juni darf sich die Landwirtschaftskammer äußern. Ihre Bedenken wurden bereits angedeutet. Die Hafenerweiterung hänge direkt mit der Öffnung der Alten Süderelbe zusammen, was aber unterschlagen würde.
Ökologische Bedenken hat auch der Gesprächskreis „Alte Süderelbe“: Solange nicht sichergestellt sei, daß eine Kaianlage wegen der Trinkwassergefährdung im Süder-elbegebiet genehmigt werden könne, sei das ganze Unterfangen ein „planungsrechtliches Abenteuer.“
Laut Baunutzungsverordnung (§§ 11 und 17) dienen Hafengebiete ausschließlich der Hafennutzung. Die Handwerkskammer ist besorgt: „Dieses Verständnis könnte zu ganz neuen Konsequenzen hinsichtlich der Hafengebietsgrenzen, zum Beispiel für die Flächen der beiden großen Industrieunternehmen Hamburger Aluminiumwerke und die Hamburger Stahlwerke führen.“ Und auch der Gesprächskreis „Alte Süderelbe“ fordert in seiner Stellungnahme „die politisch Verantwortlichen“ auf darzulegen, „was sie in Altenwerder und Moorburg wirklich planen: einen Containerhafen oder Flächensicherung für Industrie und Gewerbe.“
Fazit der Kammer: „Wir (...) empfehlen, ein normales Bebauungsplanverfahren durchzuführen.“ Mit dieser unmißverständlichen Kritik hat sich die Handwerkskammer ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Am 9. Mai jedenfalls erklärte sie versöhnlich, „mit allen Kräften dazu beizutragen, damit das so wichtige Vorhaben der Hafenerweiterung gesichert wird.“
Für die Wirtschaftsbehörde geben die zahlreichen Bedenken bisher keinen Anlaß, an der Rechtmäßigkeit ihrer Planungen zu zweifeln: „Namhafte Verfassungsjuristen“ hätten das HafenEG bereits 1981/ 82 geprüft und es für einwandfrei befunden. Die Gutachten „Hafenentwicklung in Hamburg. Rechtsfragen der Planung und Enteignung“ wurden 1983 in den Münchner Universitätsschriften veröffentlicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen