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Ein einig Volk von RAF-Fahndern

■ Nach Susanne Albrecht jetzt Inge Viett in Magdeburg festgenommen / Eifrige Magdeburger BürgerInnen gaben bundesdeutschen und diese den DDR-Behörden den entscheidenden Tip / Diestel: „Ich werde die teuflische Verbindung zwischen RAF und Stasi aufklären

Berlin/Magdeburg (ap/dpa/taz)

DDR-Bürger gaben westdeutscher Polizei den Tip, die informierte Diestels Sondertruppe, die schlug zu: In der Nacht zum Mittwoch wurde nach Susanne Albrecht mit Inge Viett die zweite ehemalige RAF-Frau in der DDR verhaftet. Sie war nicht bewaffnet und leistete keinen Widerstand. Inge Viett wird laut Haftbefehl beschuldigt, seit 1980 Mitglied der „Roten Armee Fraktion“ gewesen zu sein. Konkret wird ihr der Mordversuch an einem Polizisten vorgeworfen, auf den sie am 4.August 1981 in Paris geschossen haben soll, als er sie verfolgte. Die 46jährige lebte unter dem Namen Eva Schnell seit rund zwei Jahren im Magdeburger Neubaugebiet Neustädter See und arbeitete im Schwermaschinenkombinat „Karl Liebknecht“. In der DDR hatte sich Viett schon länger aufgehalten, so unter dem Namen „Sommer“ in Dresden.

Die Festnahme, die ohne Wissen der Berliner und örtlichen Volkspolizei von der Einsatztruppe des Zentralen Kriminalamts der DDR um 23.30 Uhr am Dienstag vorgenommen wurde, war möglich geworden durch den eifrigen Einsatz Magdeburger BürgerInnen und engste deutsche Polizeizusammenarbeit. Magdeburger, die nach kürzlich in der Stadt ausgehängten BKA-Fahndungsplakaten Inge Viett erkannt hatten, informierten bei einem Verwandtenbesuch in Braunschweig die dortige Polizei, die das BKA und das wiederum gab der DDR-Sondertruppe den Tip weiter. Es hat „sehr gut geklappt“, war ein BKA-Sprecher zufrieden.

Zur Frage eines Ausstiegs Frau Vietts aus der militanten Szene verwies ein Sprecher der Bundesanwaltschaft ausdrücklich darauf, daß für die Zeit nach 1981 keinerlei dringender Tatverdacht für Straftaten mehr vorliege. Es gebe auch keine Hinweise darauf, daß die Stasi gesuchte „Terroristen“ gezielt zu irgendwelchen Zwecken eingesetzt habe. Unbeeindruckt von diesen Erkenntnissen schwor DDR -Innenminister Diestel in Bonn: „Ich werde die teuflische Verbindung zwischen RAF und Stasi aufklären.“

Nach Angaben von Bonner Behörden hat es bereits seit 1986 Hinweise gegeben, daß sich RAF-Mitglieder in der DDR aufhielten. Man habe diesen Hinweisen jedoch nicht nachgehen können, weil sonst die Informanten bloßgestellt worden wären. Pressemeldungen zufolge hat auch Silke Maier-Witt von 1983 bis 1986 in Dresden gelebt. Tagesthema Seite 3

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