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Ein dreifach Hoch der MVB

■ Und schon wieder eine Einweihungsfeier in der Borsigstraße, diesmal mit Ausblick auf 1997

Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Und wenn keine fallen? Dann feiert man eben das gleiche Fest ein zweites Mal. Gestern geschehen in der Müllverbrennungsanlage Borsigstraße (MVB). Nachdem Fritz Vahrenholt die Anlage im Dezember vergangenen Jahres anläßlich des Beginns der „Probephase“ eingeweiht hatte, war gestern Henning Voscherau an der Reihe. Er weihte die MVB anläßlich des Beginns der Testphase ein. Weiter so: In sechs Monaten darf wieder gefeiert werden. Dann soll der Normalbetrieb der Anlage aufgenommen werden.

Voscherau bereitete in seiner Einweihungsrede allerdings schon das übernächste Fest vor. Hamburg brauche eine weitere Müllverbrennungsanlage, erklärte der Bürgermeister, mit den Augen von Altenwerder nach Wilhelmsburg wandernd: „Im gesamtstädtischen Interesse müssen wir, trotz lokaler Akzeptanzprobleme, einen Standort dafür finden.“

Gehört?! Da läßt sich doch wieder trefflich spekulieren, welchen Standort für eine neue MVA der Bürgermeister denn nun bevorzugen wird. „Trotz lokaler Akzeptanzprobleme“ - für taz-Redakteur Uli Exner ein deutlicher Hinweis auf Wilhelmsburg. Kollege Marco Carini landet dagegen unter Bezugnahme auf hochrangige Senats-Insider weiterhin in Altenwerder.

Wer, wann, wo und vor allem wie oft feiern darf? Am 7. Juni, so die derzeitige Prognose, soll der Senat entscheiden. Die taz, ihrer Zeit wie immer ein Stück voraus, veröffentlicht heute schon mal Auszüge aus jener Rede, die der Erste Bürgermeister voraussichtlich Ende 1997 in Wilhelmswerder halten wird (Ähnlichkeiten mit seiner gestrigen Rede wären rein zufällig): „Heute ist Hamburg auf dem Weg ,heraus aus Schönberg' wieder einen Schritt vorangekommen. Der Senat hat sich mit dem Ausstieg aus Schönberg eine schwierige und auch teure Aufgabe gestellt .... Aber es ist eine Aufgabe, für die wir uns keinen unnötigen Aufschub mehr nehmen sollten. ... ohne den Bau einer weiteren MVA wird eine erhebliche Entsorgungslücke entstehen. Damit wir die Entsorgung für Hamburg sicherstellen können, brauchen wir eine zusätzliche MVA.“

Fraglich ist nur, wofür das Kürzel MVA dann stehen wird? „Müllverbrennungsanlage“ (übelmeinender Volksmund, gelegentlich auch noch von Senatoren genutzt) oder „Müllverwertungsanlage“ (Offizielle Bezeichnung des Betreibers HEW, die Senatoren sind noch etwas zögerlich).

Oder vielleicht doch schon „Müllverschönerungsanlage“, um die sich die Stadtteile dann nur so reißen werden. Schon wegen der vielen Feste. uex

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