■ "Ein bißchen naiv": Alle schoben, da kam der Karren in Fahrt: Industriebuchbinder
Fabian K. ist ein eher praktischer Typ. „In Deutsch bin ich schlecht“. Realist ist er auch. „Meinen Chef stört das nicht“. Der hat ihn ja schließlich als Azubi genommen. „Mir macht die Arbeit Spaß, und im Betrieb ist gute Stimmung“.
Zu Hause ist die Stimmung jetzt auch besser. Angesichts seines Notenschnitts von 3,3 hatten die Eltern den Realschüler nämlich schon früh bedrängt: „Bewirb dich.“Der ältere Bruder hatte dem Lebenslauf den letzten Schliff am Computer gegeben. Berge von Bewerbungen waren in die Post gegangen. Lange vergeblich.
Der ersehnte Metallerjob kam nie. Mercedes hatte abgesagt. Der Vulkan war pleite. Fabian hatte sich schon „vorsichtshalber und eher zum Parken“bei der höheren Handelsschule eingeschrieben – „obwohl das schon wieder Schule gewesen wäre“. Da stießen die Eltern auf die Anzeige. Ein Mahndorfer Betrieb suchte Auszubildende zum Industriebuchbinder. Allerdings – als Fabian dort reichlich ahnungslos anfragte, was Industriebuchbinder zu tun haben, hätte er sich fast die nächste Absage eingehandelt. „Das war vielleicht ein bißchen naiv“, sagt er heute. Am Ende rettete ihm nur das Praktikum im angepeilten Buchdruckbetrieb den Ausbildungsplatz.
Auch da war Glück im Spiel: Der Arbeitgeber hatte den vier Praktikanten nur zwei Ausbildungsplätze zu bieten. „Das war gleich zu Anfang klar.“Das Problem schwand, als der erste junge Anwärter zwischen den hohen Bergen an bedrucktem Papier und Buchbindermaschinen den Koller kriegte und wegblieb. Daraufhin gab der Chef sich einen Ruck und stellte die übrigen drei Jungen ein. Heute lernt Fabian dort nicht nur, Katalog- und Buchrücken industriell zu leimen, Papier zu schneiden und das Buchbinderauge zu schärfen. Der Chef und große Teile der Belegschaft kamen einst aus der Türkei. Da schnappt Fabian manchen Brocken auf. ede
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