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Archiv-Artikel

Ein bisschen Frieden

Ein Zeichen der Hoffnung: Im Sudan findet ein Sportfest statt, das olympischer gelingt als die Monstershow dieser Tage in Griechenland

VON GARY CARLTON / AGENTUR FOCUS (FOTOS) und DOMINIC JOHNSON (TEXT)

Sudan – das Land steht bei uns für Krieg und Elend. Vor zehn Jahren gingen die Hungerbilder aus Südsudan, von halb toten, nackten und bis auf die Knochen abgemagerten Kindern, umgeben von Geiern in staubiger Wüste, um die Welt; dieses Jahr machen die brutalen Vertreibungen Schlagzeilen. Aber es gibt auch andere Nachrichten aus diesem Land. Zum Beispiel von einer Art Olympischen Spielen, die jedes Jahr in einer historisch stets von Krieg geprägten Region stattfinden: in Twic County.

Twic im Norden der südsudanesischen Provinz Bahr al-Ghazal (auf Deutsch „Gazellenland“) zählt rund fünfhunderttausend Einwohner in sechs Gemeinden. Viele davon sind Kriegsvertriebene, denn an der Nordgrenze von Bahr al-Ghazal verläuft die Front zwischen Rebellen und Regierungsarmee. Hier, in Twic County, herrschen die Rebellen des Südsudan, und zum Überleben sind die Menschen von internationaler Hilfe abhängig. Zu Weihnachten 1999 beobachtete der Viehzuchtexperte Acuil Banggol, wie zwei Mannschaften aus verfeindeten Clans miteinander auf der Straße Volleyball spielten – friedlich. Da dachte er sich: Man könnte doch Sportturniere organisieren.

Mit seiner Selbsthilfeorganisation Supraid interessierte er das britische Hilfswerk Christian Aid für die Idee, und im Jahr 2000 gab es das erste Turnier – seitdem wird es jedes Jahr wiederholt, mit der vierten Auflage im vergangenen Februar.

Leichtathletik, Fußball, Volleyball und andere Sportarten stehen auf dem Programm der Twic Olympics, nicht zu vergessen Speerwerfen, das die Nomadengesellschaften dieser Region besonders gut beherrschen. Die Idee, sagt Banggol, ist, „dass die Jugendlichen es vorziehen, Wettkämpfe im Spiel auszutragen, anstatt sich von den Kriegsparteien zur gegenseitigen Bekämpfung ausnutzen zu lassen“.

Zwei- bis sechstausend Menschen nehmen jedes Jahr an diesem Fest teil. Auch Frauen, was in dieser Gegend nicht selbstverständlich ist. Sogar die Völker der Dinka und der Nuer messen ihre Kräfte in Eintracht miteinander: Es sind die beiden größten Volksgruppen des Südsudan, historisch verfeindet und im Bürgerkrieg lange Zeit auf unterschiedlichen Seiten. Aber hier finden sie zusammen. Die Versöhnung zwischen Dinka und Nuer ist eines der langfristigen Ziele von Banggol, selbst ein hoch gewachsener, rund zwei Meter langer Dinka.

Es geht nicht immer friedlich zu. Der Fußballtrainer, der der Einfachheit halber alle Mannschaften gemeinsam ausbildet, trägt ein Uzi-Maschinengewehr, damit niemand seine Entscheidungen anficht, wie ein Reporter vor zwei Jahren beobachtete. Aber schließlich sind die Teilnehmer alle im Krieg aufgewachsen. Dieses quasiolympische Turnier ist für sie eine Insel des Friedens mitten im Krieg, von der vielleicht eine Botschaft in andere Lebensbereiche ausstrahlen kann. Damit haben die Turniere mehr gemeinsam mit den Spielen der Antike als das, was heute in Athen als Olympische Spiele gegeben wird.