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■ Ein Specht auf einem Kirchturm beschäftigt die EGBürokraten auf Vogeljagd

Schlanders (taz) – Josef Mair, seines Zeichens Dekan in Schlanders, einem Südtiroler Nest im Vinschgau, ist verzweifelt, denn er hat einen Vogel. Keinen im Kopf und auch keinen im Käfig, aber einen auf seinem Kirchturm.

Spechte, ob schwarz oder bunt, leben gemeinhin in Wäldern, wo sie Insekten aus der Rinde oder dem Holz morscher Bäume hacken. Dekan Mairs Specht hat sich das mit Holzschindel neugedeckte Kirchturmdach in Schlanders ausgesucht – was nicht gerade für die Qualität des verwendeten Holzes spricht. Jede Woche zerstückelt der Vogel zwei der teuren Brettchen, wie der Gottesmann akribisch gezählt hat. Der Specht wird immer fetter, und Josef Mair rauft sich die Haare.

Der gefiederte Kirchenfreund muß weg, bevor die wahren Gläubigen ohne Dach im Regen stehen. Aber wie? Locken läßt sich der Vogel Gottes nicht und verscheuchen auch nicht. Also abschießen? Geht auch nicht. Die Kirche steht mitten im Dorf und dort ist die Jagd grundsätzlich verboten. So wurde Dekan Josef Mair beim Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder vorstellig, um eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken. Der oberste Landesherr hält sich aber bedeckt, denn des Pastors Ersuchen droht zu einem europaweiten Problem zu werden.

Für die waidmännische Ausnahmeregelung ist nicht die ansonsten autonome Provinz Südtirol zuständig, sondern die italienische Regierung in Rom. Aber die hat erstens andere Sorgen und ist zweitens eigentlich auch nicht befugt, das Todesurteil über diesen Vogel auszusprechen. Denn Spechte genießen den besonderen Schutz der Europäischen Gemeinschaft. So landete der Schwarze Peter bei den Eurokraten in Brüssel – und Europas Mühlen mahlen bekanntlich langsam. Die Südtiroler Wochenzeitung ff versuchte es mit einer Fürbitte und gab der Hoffnung Ausdruck, „daß dem Schlanderer Kirchturm bis zum endgültigen Urteilsspruch wenigstens einige unbeschädigte Schindeln bleiben“. Reinhard Kuntzke

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