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Ein Pumpspeicherkraftwerk für den HarzNeue Aufgabe für alte Stollen

Erneuerbare Energien brauchen Stromspeicher. In den Ruinen des Oberharzer Bergbaus soll nun das erste unterirdische Pumpspeicherkraftwerk der Welt entstehen.

Im Prinzip so, bloß mit dem Harz davor: das Pumpspeicherkraftwerk Hohenwarte II im Saale-Tal. Bild: ap

GÖTTINGEN taz | Bevölkerungsrückgang, Leerstände, verödende Innenstädte und stagnierender Fremdenverkehr: Die seit Jahren andauernde wirtschaftliche Talfahrt des Westharzes schien unaufhaltsam wie ein Naturgesetz zu sein. Doch jetzt lassen Touristiker, Kommunalpolitiker und Energiefachleute mit einem spektakulären Vorschlag aufhorchen: In stillgelegten Stollen und Schächten des Oberharzer Bergbaus soll das weltweit erste unterirdische Pumpspeicherkraftwerk entstehen.

Ein Pumpspeicherkraftwerk kann elektrische Energie durch Hochpumpen von Wasser speichern und über Turbinen und Generatoren später wieder zu Strom machen. "Reale" elektrische Energie wird also in "potenzielle" Energie in Form von Wasser umgewandelt – und nach ihrer Rückumwandlung wieder zu Strom.

Ein Pumpspeicherkraftwerk ist damit kein Kraftwerk im herkömmlichen Sinn, weil es keinen Strom erzeugt. Wegen der mit der Zwischenspeicherung verbundenen Wirkungsverluste ist der Strom-Output auch kleiner als der Input. Der große Vorteil aber: Neben ihrer Funktion als Energiespeicher können diese Anlagen Leistungsschwankungen im Netz innerhalb sehr kurzer Zeit ausgleichen.

Der Harz sei für derartige Anlagen ein idealer Standort, urteilt der Osteroder SPD-Landrat Bernhard Reuter. Zum einen führten die Leitungen, die in naher Zukunft den aus Windenergie an den Küsten gewonnenen Strom nach Süden transportieren, direkt an dem Mittelgebirge vorbei. Zum anderen ließen sich nach einer Machbarkeitsstudie des Energieforschungszentrums Niedersachsens die alten, bis zu 600 Meter tiefen Bergwerksstollen im Oberharz mit relativ wenig Aufwand passend herrichten. Anders als bei möglichen oberirdischen Speichern gebe es zudem so gut wie keine störenden Eingriffe in die Landschaft.

4 bis 5 Jahre Bauzeit

Geht es nach Reuters Goslarer Amtskollegen und Parteifreund Stephan Mahnke, soll die Anlage möglichst schnell gebaut werden. "Es gibt bereits fortgeschrittene Planungen", sagt er. Die Idee stoße auf große Zustimmung. "Die Projekte können die Region wieder stark machen."

Um ein Pumpspeicherkraftwerk unter Tage zu verwirklichen, wären nach Schätzungen der Unternehmensberatung McKinsey vier bis fünf Jahre Bauzeit nötig. Das Vorhaben verspreche zwar nicht allzu viele Arbeitsplätze, habe vor dem Hintergrund der aktuellen energiepolitischen Debatte aber große Signalwirkung.

Über die Leistung des geplanten Werks gibt es noch keine Angaben. Das größte oberirdische Pumpspeicherkraftwerk in Deutschland ist das Kraftwerk Goldisthal in Thüringen mit einer Spitzenleistung von 1.060 Megawatt. Das Pumpspeicherkraftwerk ist dabei nur eines der Projekte, mit denen die kürzlich ins Leben gerufene Initiative Zukunft Harz (IZH) den niedersächsischen Teil des Gebirges wieder in die wirtschaftliche Erfolgsspur bringen will. Die IZH, an der neben McKinsey die Kreise Goslar und Osterode, die Agentur für Arbeit und das Land Niedersachsen beteiligt sind, hat insgesamt 16 Vorschläge rund um die Themen Energie, Tourismus, Gesundheit und Wissenschaft präsentiert.

Zu den empfohlenen Projekten gehören auch ein Freizeitpark zum Thema "Mystik, Mittelalter, Magie", ein verbessertes Wintersportangebot mit neuen Pisten, Beschneiungsanlagen und Liften sowie Investitionen in neue und vorhandene Hotels. Auch ein "Recycling-Cluster" wird vorgeschlagen. Durch einen Verbund bereits existierender Unternehmen könnte der Westharz zur Schwerpunktregion für die Aufbereitung spezieller Nichteisenmetalle werden.

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10 Kommentare

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  • K
    Karl

    Abseits der problematischen Gebirgsdurchlässigkeit git es noch einen Faktor zu bedenken.

     

    Den permanenten Lastwechsel.

     

    Vorausgesetzt es gelingt einen hinreichend dichten großvolumigen Speicher zu erstellen, so verändern sich mit jedem Füll- und Ablasszyklus die Auflast und damit der Verlauf der Normalspannungen.

     

    dar der Harz nun nicht aus isotropem Material besteht, führt das absehbar zu Problemen mit der Standfestigkeit. Davon sind dann wieder unmittelbar Dichtigkeit und z.B. Hangstabilitäten betroffen.

     

    Erfahrungsgemäß wird ein so belasteter Gesteinsverband meist nicht fester!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • H
    Hugo

    Grundsätzlich kann man ein Pumpspeicherwerk so unterirdisch bauen, auch mit beiden Becken. Aber natürlich muß man die Räume genügend groß machen, Decken und Wandungen stabil und dicht bauen, so daß die Anlage als ganzes mehrere Jahrzehnte zuverlässig funktioniert. Das ist wahrscheinlich in den meisten Fällen teurer, als es sich ohne sehr spekulative Komponente rechnet. Besonders wichtig ist dabei, daß eine einzige brauchbare Erfindung zur effektiven dezentralen Energiespeicherung in Haushalten und Firmen diese unterirdisch investierten Milliarden möglicherweise von einem Tag auf den anderen in den Wind blasen kann. Es ist auf jeden Fall ein hochspekulatives Projekt, sowohl für private oder auch öffentliche Investoren. Andernfalls gäbe es solche Anlagen sicher längst. Die Idee ist uralt.

  • W
    wuschl

    Waldeck ist nicht unterirdisch. Sowohl Oberbecken als auch Unterbecken liegen im Freien. Die Idee ist hier, alles, also auch die Wasserspeicher in die Erde zu verlegen. Die groesste Schwierigkeit ist wohl, erschwingliche Wasserbehaelter in die Stollen zu bauen.

  • H
    H.Bruderreck

    Ich bin zwar kein Geolge, aber ich fürchte "Karl" hat recht. Ein altes unübersichtliches und undichtes Stollensystem ist zur Speicherung der erforderlichen Wassermengen völlig ungeeignet. Die Ausspeicherungsmenge wird durch Leckagen weit unter der Einspeicherungsmenge liegen.Der ohnehin niedriege Wirkungsgrad von ca. 60% Prozent sinkt dadurch dramatisch.

    Also erst prüfen und dann entscheiden, sonst wird auch hier nur Geld vergeudet. (siehe Photovoltaik mit 25 Cent Herstellungskosten ohne Subvention!!!

  • K
    kalle

    und was ist daran jetzt neu? das gibts schon etwas länger und nennt sich Oberharzer Wasserregal und lt. grüner definition ist das absolut böse weil kommt ja aus dem bergbau. schönen gruss aus dem saarland.

  • W
    Wolf

    Eine andere Idee zum prüfen:

     

    Wieweit eignen sich die alten Braunkohlegruben nördlich der Eifel, bei Leipzig oder Helmstedt als Unterbecken für große Pumspeicherkraftwerke, Oberbecken in der Eifel, Harz und Erzgebirge.. das wäre die Frage der Baukosten und Strömungsverluste von jeweils ca. 50 - 60km Stollen oder Kanal.

  • AG
    Anderer Gregor

    Naja, die Pumpen fehlten da zwar vermutlich, aber unterirdische Speicherkraftwerke in stillgelegten Bergwerken gibt es schon viel, viel länger:

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Br%C3%BCder-Schacht

     

    Dort steht übrigens, dass sich eine Wiederinbetriebnahme nicht lohnt ... ich hoffe, das wird dort noch einmal unter den neuen Bedingungen neu durchgerechnet.

  • K
    Karl

    Politschwachsinn!

     

    An sich geeignete Standorte gibt es im Harz nicht. Das Gebirge ist größtenteils zu gebräch und die Stollensysteme aus einigen Jahrhunderten absehbar kaum hinreichend dicht zu bekommen.

     

    Das zeigen schon vielfach Tracer-Untersuchungen mit erheblichen Ausbreitungsnachweisen.

     

    Aber wieder ein Grund aus Ökohysterie Geld zu vernichten.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • E
    Eyke

    Realer Physikalischer Unsinn:

    '"Reale" elektrische Energie wird also in "potenzielle" Energie in Form von Wasser umgewandelt – und nach ihrer Rückumwandlung wieder zu Strom.'

     

    Seit wann ist Wasser für sich eine Energie? Das ist natürlich Schwachsinn! Das Prinzip was dahinter steht ist, dass elektrische Energie in potentielle (Höhen-)energie umgewandelt wird. Also eine Masse wird hochgehoben. Das sich hier der Masse in Form von Wasser bedient wird - hat nur etwas mit den ökonomischen und physikalischen Eigenschaften als Fluid zu tun.

  • K
    kunz

    in der heutigen Print-Ausgabe steht u.a. es handele sich hierbei um das erste unterirdische Pumpspeicherkraftwerk der Welt. Vielleicht irre ich mich, aber z.B. das Pumpspeicherkraftwerk "Waldeck II"

    (http://de.wikipedia.org/wiki/Pumpspeicherkraftwerk_Waldeck )

    befindet sich in einer unterirdischen Höhle. Und ist bereits seit 1974 in Betrieb.