: Ein Methusalem-Komplott
Ruhr taz ■ Ruhrfestspiel-Intendant Frank Castorf bekommt Unterstützung aus der Wissenschaft. „Ein Methusalem-Komplott gegen die Zukunft des Theaters“ nennen die Professoren Ulrike Haß, Nikolaus Müller-Schöll und Guido Hiß vom Institut für Theaterwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum die Ereignisse um Castorfs Ablösung in einem offenen Brief an den DGB und die Stadt Recklinghausen. „Deren Haltung können wir absolut nicht nachvollziehen“, sagt Guido Hiß der taz.
Castorf habe nicht nur ein künstlerisch wie politisch hervorragendes Programm gestaltet. Mit seinen Inszenierungen, den eingeladenen Künstlern und seinen neuen Ideen für Verpflegung und Beherbergung der Gäste habe er die an chronischer Überalterung leidenden Festspiele für ein neues Publikum geöffnet. Die Theaterwissenschaftler erinnerten daran, dass Castorf der einzige deutsche Intendant ist, dem es in den letzten Jahren gelungen ist, ein wirklich neues, junges Publikum über Jahre hinweg an sein Theater, die zuvor als unbespielbar geltende Berliner „Volksbühne“, zu binden. Kulturpolitik müsse sich auf andere Argumente als diejenige der Kassen stützen, sonst mache sie sich selbst obsolet.
Hiß liefert auch historische Argumente. Schon in den 1920er Jahren hätte die Gewerkschaft das neue Theater Erwin Piscators in Berlin bekämpft. „Immer schon wollte man die Arbeiterschaft lieber ans bürgerliche Theater heranführen, als an etwas neues, das radikal in ihrem Sinne war“, sagt er.
Zeitgleich mit dem offenen Brief hat sich die Stadt Recklinghausen endgültig positioniert. Bürgermeister Wolfgang Pantförder (CDU) hat den künstlerischen Leiter des Festivals scharf kritisiert. Er könne die Menschen im Ruhrgebiet einschätzen und glaube nicht, dass Castorf sie erreiche, sagte Pantförder. Für ihn sei es fraglich, ob der Berliner Volksbühne-Macher die finanziellen Verluste der ersten Spielzeit in den kommenden Jahren wieder ausgleichen könne. Die Ruhrfestspiele seien eben traditionell ein Arbeiterfestival. PEL