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Ein-Mann-Friedensbewegung am Golf

■ Der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt reist „ganz privat“ zu Saddam Hussein

New York/Bonn (dpa/ap) — Nach heftiger, zweiwöchiger Debatte, hat sich der weltweit prominenteste Sozialdemokrat, Willy Brandt, nun doch dazu entschlossen, auf eigene Rechnung Anfang nächster Woche in den Irak zu reisen. In New York gab Brandt im Anschluß an ein Gespräch mit dem UN-Generalsekretär Perez de Cuellar bekannt, er wolle sich für die Freilassung aller ausländischen Geiseln verwenden und die Aussichten zur friedlichen Lösung des Golfkonflikts sondieren. Brandt betonte, er reise weder im Auftrag der UNO noch für die Bonner Regierung.

Der Entscheidung Brandts war offensichtlich ein kompliziertes diplomatisches Manöver der Bundesregierung vorausgegangen, das aber letztlich an Perez de Cuellar scheiterte. Um nicht länger dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, sie täten nichts für die Freilassung der Geiseln, hatten Kohl und Genscher unter Bezug auf die EG-Gipfelerklärung, in der der UN-Generalsekretär aufgefordert wird, einen Sonderbeauftragten zum Zwecke der Geiselbefreiung in den Irak zu schicken, die Idee, de Cuellar solle doch Brandt als Vorsitzenden der Sozialistischen Internationale, den Italiener Colombo, als Chef der europäischen Christdemokratie und den Belgier de Clerq als Vorsitzenden der Euro-Liberalen zu Sonderbeauftragten ernennen. Kohl soufflierte diesen Vorschlag dem gegenwärtigen EG-Ratsvorsitzenden Andreotti, der damit bei Perez de Cuellar vorstellig wurde. Doch dieser lehnte ab. Er habe bereits einen persönlichen Beauftragten für humanitäre Fragen im Golfkonflikt ernannt und folglich keinen Bedarf mehr.

Die SPD begrüßte die Entscheidung Brandts mit der Begründung, es müsse angesichts der sich ständig verschärfenden Situation jetzt alles getan werden, um eine „militärische Konfrontation, die unabsehbare Folgen hätte“ zu verhindern.

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