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Ein Kroate mit Ambitionen

■ Mate Boban, Präsident der „Republik Herzeg“, will Alija Izetbegović ablösen

Budapest (taz) – Mate Boban, selbsternannter Präsident der kroatischen „Republik Herzeg“ hat große Pläne: Nachdem er am Wochenende von seinen Landsleuten in der bosnischen Region Herzegowina auch noch zum Parteivorsitzenden der bosnischen Kroatenpartei HDZ gewählt wurde, will er Alija Izetbegović als Präsident in Sarajevo ablösen. Sein Argument: Die bosnische Verfassung sehe vor, daß in regelmäßigem Turnus einem der drei „staatstragenden“ Völker, Serben, Kroaten und Muslimanen, das Präsidentenamt übertragen wird. Nun sei es an der Zeit, daß die Staatsmacht vom „islamisch-fundamentalistischen Block“ an die HDZ falle.

Und auch ein „Minister“ der Boban-Republik hatte sich in der letzten Woche ereifert: „Was bildet Izetbegović sich eigentlich ein? Seine Truppen kontrollieren weniger als zehn Prozent des Territoriums und wollen noch immer das politische Sagen haben. Wir Kroaten können dies nicht länger hinnehmen.“ Das Ziel der kroatischen Politiker: Die „Republik Herzeg“, die am 5. Juli gegen den Willen der Muslimanen in der Region um Mostar ausgerufen wurde, solle bis nach Sarajevo ausgeweitet werden. Dann sollten Friedensverhandlungen mit der serbischen Seite folgen und Bosnien aufgeteilt werden. Im Norden und Westen serbische, im Süden und Osten kroatisch-muslimische Kantone. Gleichzeitig sprach Boban auch eine deutliche Warnung aus: Sollten die Muslimanen mit diesem „Angebot“ nicht zufrieden sein, werde man das bereits kroatisch verwaltete Territorium behalten und ohne Muslimanen die Aufteilung Bosniens mit den Serben absprechen.

Bobans Worte sind an Klarheit nicht zu übertreffen. In den letzten Wochen diffamierte er Izetbegović mehrmals als „Fundamentalisten“ und lobte den Serbenführer Radovan Karadzic, „mit dem man wenigstens noch verhandeln kann“. Seit dem Wochenende ist Boban auch seine größten Widersacher innerhalb der eigenen Partei los. Die „Clique“ um den gemäßigten Stjepan Klujic wurde aus der HDZ ausgeschlossen. Der Vorwurf: „Komplizenschaft mit islamisch- jugozentristischen Kreisen“.

Eine „Neuverteilung“ des bosnischen Territoriums hat auch der Präsident Rest-Jugoslawiens, Dobrice Cosic, angeboten: Damit könnten sich die Moslems als „ethnische Ganzheit“ konsolidieren. Die Serben, die etwa 60 Prozent Bosniens beanspruchen, forderte Cosic zu einem Kompromiß in dieser Frage auf.

Unterdessen haben die moslemischen Verteidiger der nordbosnischen Stadt Gradacac die vor kurzem zum Schutz vor serbischen Bombardements aufgestellten Chlortanks zurückgezogen. Die Entscheidung, die riskante Aktion – die zu einer ökologischen Katastrophe hätte führen können– zu beenden, wurde mit der Festigung der moslemischen Positionen begründet.

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