: Ein Kriminalroman mit ganz vielen Zahlen
Bis zum Herbst 2007 will das Land die Bankgesellschaft Berlin verkaufen. Schon ein Jahr früher soll die Berliner Bank privatisiert sein. Insgesamt flossen 2004 aus öffentlichen Kassen 1,16 Milliarden Euro an die Landesunternehmen
Wenn Finanzsenator Thilo Sarrazin vermitteln will, dass er eine gute Botschaft in der Aktentasche hat, dann macht er einen Witz. „Nehmen Sie einige Tage frei“, sagte der SPD-Mann bei der gestrigen Vorstellung des Beteiligungsberichts des Landes für 2004. Es lohne sich. Immerhin sei sein Zahlenwerk „so dick wie drei Kriminalromane und genauso spannend“. Die gute Botschaft der mehr als eintausend Druckseiten ist aus Sarrazins Sicht: Den 62 Landesunternehmen gehe es – unterm Strich – wirtschaftlich immer besser.
Schon bis zum Frühsommer 2006 will der Senator vermelden können, dass der Verkauf der vor wenigen Jahren fast insolventen Berliner Bank auf dem Weg ist. Nach einer Entscheidung der EU-Kommission muss das Land die Tochter der Bankgesellschaft Berlin bis zum Ende dieses Jahres zum Verkauf ausschreiben.
Nach der Abgeordnetenhaus-Wahl im September 2006 will der Senator „unverzüglich“ den Verkauf der mehrheitlich landeseigenen Bankgesellschaft auf den Weg bringen. Sarrazin schätzt, dass er bis Herbst 2007 einen Käufer für die umsatzstärkste Landestochter mit fast 10.000 Beschäftigten findet. Nach Vorgaben der EU muss die nach einem Fast-Konkurs wieder gesundete Bankgesellschaft bis Ende 2007 privatisiert sein.
Insgesamt unterstützte die öffentliche Kasse die Landesunternehmen 2004 mit rund 1,16 Milliarden Euro. Allein die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) erhielten 2004 noch einen Zuschuss von fast 584 Millionen Euro. An den vom Land bereits entschuldeten Krankenhauskonzern Vivantes flossen 290 Millionen, an die Flughafen Berlin Schönefeld GmbH mehr als 55 Millionen.
Zwar sind die Verluste der ganz oder teilweise landeseigenen Unternehmen stark geschrumpft: von 569 Millionen Euro vor zwei Jahren auf gerade 3 Millionen Euro im Jahr 2004. Zugleich gingen die Investitionszuschüsse des Landes – die ein wichtiger Teil der Förderung sind – um 88 auf 373 Millionen Euro zurück. Und für 2005 hofft die Finanzverwaltung sogar, dass die insgesamt rund 300 Beteiligungsunternehmen unterm Strich erstmals Gewinne abwerfen werden. Doch die Entwicklung der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) relativiert Sarrazins frohe Botschaft. In seinem „Kriminalroman“ schlägt sie 2004 mit Schulden in Höhe von 56 Millionen Euro zu Buche. Mittlerweise ist die mit Bankkrediten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro belastete WBM von Insolvenz bedroht. MATTHIAS LOHRE