: Ein Konzern schlägt zurück
■ Jahrelang konnte die Person GmbH, eine Friseursalonkette mit 140 Filialen, unbehelligt von der Gewerkschaft ihre Personalpolitik fahren / Seit Gründung eines(!) Betriebsrates zeigt sich die Konzernleitung ungnädig
Von Hendrik Zörner
Wuppertal (taz) - Gerhard Bubenitschek, Sekretär bei der ÖTV– Kreisverwaltung Wuppertal/Niederberg, hatte allen Grund zur Freude: „Mit unserer Hilfe haben die Friseusen bei der Wuppertaler Person–Filiale einen Betriebsrat ins Leben gerufen.“ Ziemlich genau ein Jahr liegt dieses „freudige Ereignis“ zurück, und damals bestand in der Tat Grund zum Jubeln: Die ÖTV war in einen traditionell schlecht oder gar nicht organisierten Bereich vorgedrungen. Betriebsrat unter Druck Bei dem Friseursalon handelte es sich nicht um einen kleinen Handwerksbetrieb, sondern um die Filiale einer bundesweit operierenden Kette. Zur Person GmbH, deren Firmensitz in Nürnberg ist, gehören etwa 140 Salons. Das Erfolgsrezept der Person GmbH beruht darauf, ihre Salons nur in solchen Kaufhäusern unterzubrin gen, in denen reger Publikumsverkehr herrscht. Dort bietet Person seine Leistungen billiger an als der Modefriseur in der City. Die anfängliche Euphorie ist dem ÖTV–Sekretär Bubenitschek und der Wuppertaler Betriebsratsvorsitzenden Carmen Richter längst vergangen. Die Firmenleitung zeigt sich nämlich keineswegs bereit, die Existenz der einzigen Arbeitnehmervertretung innerhalb der Kette hinzunehmen. Denn offentlichtlich verfolgt sie seit einem Jahr das Ziel, das lästige Hindernis Betriebsrat aus dem Weg zu räumen. Einige Beispiele: Wenn in der im Kaufhof untergebrachten Filiale eine Kollegin ausschied, wurde deren Arbeitsplatz nicht wieder besetzt. Die Folge: Von den 25 Friseusen des letzten Sommers sind nur noch 14 übrig. Als die magische Zahl von 20 unterschritten war, verlangte die Firmenleitung die Auflösung des Betriebsrates. Erst ein Spruch des Arbeitsgerichts machte den Auflösungsantrag zunichte. Abmahnungen wegen „falscher Kleidung“ Dieser Frontalangriff scheiterte zwar, doch das Ziel, den Betriebsrat zu zerschlagen, blieb. Lediglich die Taktik änderte sich: „Danach fing die Schikane an“, beobachtete Gerhard Bubenitschek. In die Wuppertaler Filiale wurde eine neue Geschäftsführerin geschickt. Die Managerin Christel Eckert stand in dem Ruf, den früher in Husum bestehenden Betriebsrat „aufgelöst“ zu haben. Die neue Filialleiterin zeigte von Anfang an, wie sie den angeblich heruntergewirtschafteten Salon wieder aufmöbeln wollte: Den in der ÖTV organisierten Kolleginnen sperrte sie den Sozialraum und verbot Rauchen und Kaffeetrinken. Auch die Durchführung einer Betriebsversammlung wollte sie zunächst verhindern. Damit konnte sich Christel Eckert jedoch nicht durchsetzen. Aber damit nicht genug: Auf Betreiben der Geschäftsführerin verschickte die Nürnberger Zentrale in den letzten Monaten Abmahnungen an das Personal. Das Essen einer Melone oder das Erscheinen am Arbeitsplatz in „falscher Kleidung“ reichten vollkommen aus, um eine Abmahnung zu erhalten. Von den 14 Beschäftigten sind bisher zwölf in den Besitz einer solchen Maßregelung, die der erste Schritt zu einer Kündigung ist, gelangt. Gerhard Bubenitschek versucht jetzt, die Abmahnungen mit Hilfe des Arbeitsgerichts anzufechten. Die Vorgänge bei der Person GmbH sind für die ÖTV nicht nur wegen der 14 Wuppertaler Beschäftigten wichtig. „Es ist zu befürchten, daß die Konzernleitung hier ein Exempel statuieren will, mit dem die übrigen 3.000 Beschäftigten von der Wahl von Betriebsräten abgehalten werden sollen“, meint Bubenitschek.
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