■ Press-Schlag: Ein Hosianna dem Herrn Matthäus
Fünf Journalisten sind gestern früh zur Säbener Straße hinausgepilgert. Keine Kamerateams, keine Massen, und das Megaphon, mit dem er sich am Montag Gehör verschafft hatte, hat Otto Rehhagel (56) auch zur Seite gelegt. Statt wie am Tag zuvor vor Tausenden publikumswirksam die Herren Fußballer ein paar lockere Runden drehen zu lassen, hat der neue Trainer des FC Bayern München jenes Unternehmen begonnen, das keinen interessiert, weil es harte Arbeit ist.
Die einzig harten Facts liefert im Moment sowieso allein der Fanshop: Matthäus ist out! Sein Trikot mit Nummer 10 findet vergleichsweise schleppenden Absatz. Der Renner, sagt der Verkäufer im Fanshop, sei das Leibchen mit der 18: „Zu 70 Prozent gehen Klinsmann-Trikots, zehn Prozent fallen auf Matthäus. Die anderen 20 Prozent verteilen sich auf den Rest der Mannschaft.“ Den Armen bleibt nichts! Dabei sind sie allesamt die Scheinwerfer gewohnt. Deshalb hat der kluge Rehhagel bei seiner ersten internen Ansprache gleich den Kollektivgeist beschworen: „Der Star ist die Mannschaft.“ Gar nicht so einfach. Doch manches läßt hoffen. So scheint beispielsweise in Matthäus auf den Malediven Einsicht gereift zu sein. „Aufs Meer“ habe er geschaut, woraufhin ihm einfiel, daß seine „Glücklichkeit“ nicht davon abhängt, ob er Libero spielt oder nicht. Auch was sein nicht unbedingt inniges Verhältnis zu Klinsmann betrifft, tut sich Erfreuliches. „Ich freue mich auf Lothar“, sagt Klinsmann. „Ich freue mich auf Jürgen“, sagt Matthäus. Und ferner noch dies: „Jürgen ist für sich verantwortlich, ich für mich – und wir beide für den FC Bayern.“ Hosianna. gpf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen