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■ Nato-Flieger intervenieren gegen SerbenEin Bomben-Angriff

Nach all dem Gerede und den substanzlosen Gesprächen mit jenen, die Sarajevo und andere Gebiete Bosniens eingeschlossen haben und deren Bevölkerung terrorisieren, ist es endlich zu einer militärischen Aktion der Nato gekommen. Es konnte vor allem von den USA nicht mehr hingenommen werden, daß die über die Februaraktion der Nato 1994 zustandegekommene Regelung in und um Sarajevo von den serbischen Nationalisten mißachtet worden ist. Die Angriffe auf die Munitionsdepots der serbischen Streitkräfte um Sarajevo werden jedoch ihre Wirkung bald aufgebraucht haben, wenn der militärische Aktion nicht auch eine politische Initiative von seiten der Internationalen Gemeinschaft folgt.

Von der UNO-Führung sind solche Anstöße kaum noch zu erwarten. Daß bis zuletzt Yasushi Akashi und das UNO-Hauptquartier den Luftangriffen kritisch bis ablehnend gegenüberstanden, ist ein deutlicher Hinweis auf die mangelnde Politikfähigkeit der Weltorganisation. Wer die „Kriegsparteien“ als gleichberechtigt betrachtet, wer davon ausgeht, in Bosnien- Herzegowina handele es sich um einen „ethnisch-religiösen“ Konflikt und nicht um eine Aggression – wie dies 1992 auch noch von der UNO behauptet wurde – will eben Bosnien-Herzegowina und die Genese des Krieges nicht mehr verstehen. Für die serbischen Nationalisten geht es eben nicht um eine „politische Lösung“, sondern um die Annexion eines großen Teil Bosnien-Herzegowinas. In ihrem Bemühen, die Aggressoren und Verteidiger auf die gleiche Stufe zu stellen, ist die Politik der Weltorganisation gescheitert. Die Verhandlungen à la Akashi haben bisher nur ein Ergebnis gehabt: den Krieg in Bosnien-Herzegowina und in Kroatien zu verlängern. Daß es starken US-amerikanischen Drucks bedurfte, um die Weichen für die militärische Aktion der Nato zu stellen, hängt auch mit der französischen und britischen Blockadepolitik gegenüber schärferen Maßnahmen zusammen. Das Argument, eine Militäraktion würde die Unprofor-Truppen gefährden, ist dabei nur ein vordergründiges. In Wirklichkeit wird damit die falsche und verantwortungslose Politik kaschiert, die das Völkerrecht mißachtet. Mit dem von beiden Staaten befürworteten Waffenembargo gegenüber Bosnien und Kroatien wurden zudem die Aggressoren direkt politisch-militärisch unterstützt.

Mit den Bombenangriffen auf die Munitionsdepots ist im vierten Jahr des Krieges ein Schritt in eine andere Richtung gemacht. Der Krieg wäre aber erst entschieden – es müßte ja das Ziel dieser militärischen Aktivitäten sein, den Krieg so schnell als möglich zu beendigen – wenn der bosnischen und kroatischen Armee nach Aufhebung des Waffenembargos mit Nato-Luftunterstützung geholfen wird, den (von Zivilisten entvölkerten) serbischen Korridor bei Brčko zu durchbrechen.

Dann erst wären echte Verhandlungen über eine friedliche Reintegration der serbisch besetzten Gebiete in den bosnisch-herzegowinischen und in den kroatischen Staat möglich. Und nicht zuletzt böte dies der serbischen Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina und Kroatien die Gelegenheit, sich von ihren korrupten und verbrecherischen Führungen zu lösen. Aber ob in Washington, New York oder gar in den europäischen Hauptstädten so weit gedacht wird, ist leider immer noch zu bezweifeln. Erich Rathfelder

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