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Archiv-Artikel

„Ein Bannerträger“

HANDELSKAMMER Die Bremer Wirtschaft will einen Aufbruchs-Beauftragten – und weniger Verwaltung

Fünf Monate vor der Wahl hat die Handelskammer ihre Forderungen an eine künftige Landesregierung formuliert. Erwartungsgemäß zählen dazu eine „bedarfsgerechte“ Verkehrspolitik samt diverser Hinterland-Anbindungen und „wassernahes Bauen auf dem Stadtwerder“ – aber auch die Ernennung eines „Klima-Beauftragten“. Wobei Klima als „Venture“-Stimmung verstanden wird.

Die Förderung unternehmerischen Elans sei „politische Führungsaufgabe“, betont Kammerpräses Otto Lamotte. Sehr konkret sind die Vorstellungen von Aufbau und Ansiedelung dieser „koordinierenden Stelle“ nicht, nur so viel: Sie soll „politisch unabhängig“ sein und von der Wirtschaft mitfinanziert werden. Ist man unzufrieden mit der Arbeit der WFB, was ja „Wirtschaftsförderung Bremen“ heißt und wo unter anderem ein Gründerinnen-Netzwerk vorgehalten wird? Es gehe um einen gesamtstrategischen Zugriff, antwortet Lamotte – „wir brauchen einen Bannerträger“, sagt Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger. Ausnehmend präzise lesen sich dagegen die Forderungen zum Verwaltungsabbau.

Bei Statistischem Landesamt, Zoll und Eichamt will man eine Zusammenlegung mit Niedersachsen prüfen, die Bremerhavener Schulverwaltung soll mit Bremen fusionieren. Die Theater beider Städte möchten bitte „Produktionen austauschen“. „Uneffektive“ staatliche Deputationen gehörten aufgelöst.

Wo so viel eher nach einem allgemein politischen Mandat klingt als nach den Belangen einer berufsständischen Interessenvertretung – wie steht es mit Integrationspolitik? Der Rückwanderungswunsch gut ausgebildeter Migrationshintergründler, befördert durch Debatten wie die Sarrazin‘sche, betrifft die Wirtschaft unmittelbar. In „Perspektive Bremen 2020“, wie die Kammer ihre Wahlprüfsteine nennt, ist dafür jedoch wenig Platz. Nicht einmal im Bildungskapitel erfährt die „Humanressource“ Migrantenkind eine wirkliche Würdigung. Auf Nachfrage betont Lamotte, dass man sich für Anerkennung ausländischer Ausbildungsabschlüsse stark mache. HENNING BLEYL