Eilfertige Begleiter auf falschem Weg?

Skeptische Annäherung an eine letztlich doch ganz sinnvolle Reihe: die FAB-Bände zur Kultur in Berlin  ■ Von Petra Kohse

Man kann ja gar nicht mehr mißtrauisch genug sein. Wenn spartenübergreifende Schulterschlüsse wie der von Irene Mössinger vom Tempodrom mit Thomas Langhoff vom Deutschen Theater zu einem „Notruf Kultur“ notwendig erscheinen, ist ja mit dem Schlimmsten zu rechnen. Damit ist in erster Linie nicht die strukturelle und finanzielle Gefährdung der Kunst-Räume dieser Stadt gemeint, auf die eine solche Notgemeinschaft ebenso hinweist wie auf ein Versagen der Kulturpolitik, sondern der damit einhergehende Positionswandel.

Denn aus Künstlern und Kunstermöglichern verschiedenster Stile und Programmatik werden so Interessenvertreter auf entfremdendem Terrain. Da stellen etablierte Bühnen seit geraumer Zeit nicht mehr Spielpläne, sondern Marketingstrategien vor und reduzieren sich damit schon selbst auf Bestandteile des „Kulturstandortes“ Berlin, während Auseinandersetzungen über ästhetische Belange derzeit tief im Kurs stehen. Kulturschaffende assistieren dem Kultursenator bei seiner Forderung eines Kultur-Hauptstadtvertrages, statt einen Kultursenator zu fordern, der das alleine kann.

In diesem Zusammenhang müssen einem die drei Bändchen über die Berliner Kulturszene in der Reihe FAB-Boulevard zumindest äußerlich als eilfertige Begleiter auf dem falschen Weg erscheinen. Die poppige Umschlaggestaltung von Martin Keune, das anbiedernd handliche Format von etwa zwei Zigarettenschachteln und die unappetitlich personalisierten Lockrufe: „Bernhard Schulz präsentiert: Museen Berlin“, „Hermann Haarmann präsentiert: Theater Berlin“, „Siegfried Schmidt-Joos präsentiert: Entertainment Berlin“ – das alles will doch reichlich plakativ belegen: Kunst in Berlin ist leicht konsumierbar, vermittelbar, vermarktbar. Der schnelle Leitfaden zum „Kulturstandort“, Inhalte in Namen, Daten, Fakten.

Überflüssig ist diese Reihe dann trotzdem nicht, auch wenn die Bände als profunde „Ratgeber“ nur bedingt taugen. Die Präsentatoren haben übrigens nur Einführungstexte geschrieben, die Detailarbeit der Einzeldarstellungen leisteten Uwe Prell, Günter Schade und Heinz Werner für die Museen, Steffen Damm für Theater und Anke Nolte für Entertainment.

Der Theaterband war sicher der schwierigste, weil er eine immense Bandbreite von Bühnen, jeweils auch mit ihrer wandelvollen Tradition, vorstellen will und überdies mit einer wuchernden Freien Szene zu tun hat. Mißlich ist, daß Hermann Haarmann gerade letztere in seiner Einführung ohne Blick auf die Geschichte vornehmlich unter dem Blickwinkel einer Vorstation zum Subventionstheater betrachtet. Ästhetische Grund- Charakterisierungen, die dies im späteren Teil des Buches ausgleichen und problematisieren würden, fehlen dann leider.

Ohnehin werden diesbezüglich meist stilistische Klischees produziert. So sieht Steffen Damm beispielsweise im Deutschen Theater das „Theaterexperiment“ schon deshalb verwirklicht, weil Regisseure unter vierzig beschäftigt werden wie Anselm Weber, Johanna Schall und Sewan Latchinian.

Auch in den anderen FAB-Bänden fehlt natürlich der Platz für fundierte Auseinandersetzungen, aber hier ist das weit weniger problematisch, da Museen besser kategorisierbar sind als Theater und im Entertainment-Bereich ohnehin eine affirmative Annäherung die sinnvollste ist. So gelingt es Bernhard Schulz beispielsweise durchaus, die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen Museumslandschaft zu skizzieren, und er scheut sich auch nicht, den ansonsten vorherrschenden Jubelton zugunsten einer kritischen Einschätzung der aktuellen Museumsplanung zu vermeiden.

Beim Entertainment-Bändchen ist eigentlich nur zu beklagen, daß es nicht allzu sorgfältig produziert wurde: Mal fehlt eine Passage, mal ist eine doppelt. Sehr zu loben sind in ihrer prägnanten Kürze hingegen Anke Noltes Porträts etwa von Meret Becker, Desirée Nick oder Hacki Ginda vom Chamäleon. Gerade bei letzterem gelingt es ihr, seine Breitenwirksamkeit hervorzuheben und gleichzeitig anzudeuten, daß es dafür doch gar keinen Anlaß gibt.

Einigermaßen witzig sind auch die Fakes: So sollen etwa Bernhard Minetti und Erwin Geschonneck gemeinsam und regelmäßig bis weit nach Mitternacht und noch bis 1999 (!) in einem „Berliner Künstlertheater“ in der Georgenstraße auftreten oder ausgerechnet Peter Schwenkow und Friedrich Kurz in einem Varieté „Neue Scala“ ein albernes Stückchen über Georgette Dee und Romy Haag darbieten.

Insgesamt ist diese Art reduzierter und irgendwie flotter Kulturvermittlung noch immer nicht sympathisch, aber als Fahrplan und Handbuch sind die drei FAB- Bände für Touristen, aber auch für Einheimische durchaus nützlich: Wer schnell mal wissen will, wann ein Theater gegründet wurde, welcher Bestand in welchem Museum zu besichtigen ist oder welche Eintrittspreise wo verlangt werden, spart sich für dreimal 18 Mark immerhin so manchen Telefonanruf.

„Museen Berlin“ (313 S.), „Theater Berlin“ (264 S.), „Entertainment Berlin“ (248 S.), FAB Boulevard, je 18 Mark