: Eilantrag gegen Atommeiler Lingen II
■ Anwalt Geulen verlangt Einstweilige Verfügung gegen Inbetriebnahme des AKW Lingen / Begründung: Atommeiler liegt 300m neben einer Tiefflugschneise / Entfernung zur Flugtrasse: eine Zehntel Flugsekunde
Hannover (taz) - Im Auftrage von drei Lingener Bürgern hat der Berliner Rechtsanwalt Reiner Geulen jetzt beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg beantragt, die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Lingen II per einstweilieger Anordnung zu untersagen. Der Antrag richtet sich formell gegen die Inbetriebnahme des Kühlturms des Kraftwerks, bezieht aber auch die besondere Gefährdung des Atomkraftwerkes durch Tiefflüge ein. Das AKW Lingen II, so die Argumentation Geulens, liege unmittelbar neben der Flugschneise für den Bombenabwurfplatz Nordhorn. Dieser Abwurfplatz könne nur im Tiefflug benutzt werden. Und es sei auch nicht beabsichtigt, die Tiefflüge auf dieser Schneise zu verbieten. Das Atomkraftwerk sei aber nur 300 Meter oder weniger als eine Zehntel Flugsekunde von der Tiefflugtrasse entfernt. Selbst die Höhe des Schornsteines des AKWs ist nach Ansicht von Geulen auf die Bedürfnisse des militärischen Flugverkehrs ausgerichtet worden. So habe man bei Planung und Bau von Lingen II auf die vorgeschriebene Überhöhung des AKW–Schornsteins über die Kühlturmhöhe hinaus verzichtet. Der Schornstein sei nicht wesentlich höher als der Kühlturm. Dadurch würden die radioaktiven Strahlen aus dem Schornstein häüfig mit den wasserhaltigen Kühlturmschwaden in der Nähe des Kraftwerks niedergedrückt. Dies führe zu einer unverantwortlichen Erhöhung der Strahlenbelastung für die Bevölkerung in der Umgebung. Der Berliner Anwalt befürchtet außerdem, daß aus dem Kühlturm gesundheitsschädliche Asbestfasern ausgeschieden werden. Aus statischen Gründen sei der Kühlturm nachträglich in großem Umfang mit Asbestplatten verkleidet worden. Nach neueren Erkenntnissen, die den Behörden damals nicht bekannt gewesen seien, würden die Asbestfasern beim Kühlturmbetrieb abgelöst, und diese krebserregenden Partikel gingen dann ebenfalls in der näheren Umgebung der Anlage nieder. Anwalt Geulen erwartet, daß das Oberverwaltungsgericht in den nächsten zwei oder drei Monaten noch vor Ende des Probebetriebs des AKWs über seinen Antrag entscheidet.
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