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Eike Bohlken vom katholischen Institut für Philosophie"Abschied vom Atom"

Das katholische Institut für Philosophie wendet sich in einer Stellungnahme gegen Laufzeitverlängerungen für AKWs - und damit auch gegen den Heiligen Stuhl.

Jetzt auch gegen Atomkraft: Das katholische Institut für Philosophie. Bild: dpa
Interview von Maximilian Probst

taz: Herr Bohlken, wie steht die katholische Kirche zur Atomfrage?

Eike Bohlken: Vom Heiligen Stuhl gibt es Stellungnahmen, die sich eindeutig für eine friedliche Nutzung der Kernenergie aussprechen. Dahinter steht die Idee, dass die Kernenergie weltweiten Wohlstand und Verteilungsgerechtigkeit fördert.

Was halten Sie davon?

Wir kommen mit den gleichen Wertmaßstäben zu einem anderen Ergebnis: Gerade Verteilungsgerechtigkeit erfordert eine radikale Energiewende und damit den Abschied von der Atomenergie.

Eike Bohlken, 34

Mitherausgeber von: "Kirche - Kernenergie - Klimawandel. Eine Stellungnahme mit Dokumenten".

Das katholische Forschungsinstitut für Philosophie hat sich nun in einer 20-seitigen Stellungnahme auch gegen die Laufzeitverlängerung ausgesprochen. Wie kam es dazu?

Das Papier entstand am Institut auf Anregung des Umweltbeauftragten und des Generalvikars des Bistums Hildesheim. Wir haben aber eine Argumentation entwickelt, die auch für Nicht-Christen überzeugend ist. In den anderen kirchlichen Dokumenten wird auf die "Bewahrung der Schöpfung" verwiesen. Wir argumentieren mit den Begriffen des Gemeinwohls und der Nachhaltigkeit, mit Begriffen also, die zwar eine christliche Tradition haben, aber nicht an Glaubensannahmen gebunden sind.

Was ist der Kern der Kritik?

Es geht für uns über die Begriffe des Gemeinwohls und der Nachhaltigkeit um globale und intergenerationelle Gerechtigkeit. Diese Argumentation schließt aber auch konkrete Sachverhalte ein: die Gefährdung durch Störfälle, terroristische Anschläge oder Verbreitung von Atomwaffen. Und am wichtigsten: die ungelöste Endlagerung.

Im Bistum Hildesheim liegen die Schachtanlage Asse und der Salzstock Gorleben. Wofür steht für Sie der Name Asse?

Die Asse ist ein Symbol für Mauschelei und Vertuschungspolitik, für das Versagen der politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen.

Und Gorleben …

… steht für eine langfristige Debatte, die noch zurückreicht in die Zeit wissenschaftlicher Fortschrittseuphorie und technokratischer Machbarkeitsgläubigkeit. Wir gehen dagegen davon aus, dass die Kernenergie wegen der nicht geklärten Endlagerungsfrage massive Risiken für die lebensfreundlichen Umweltbedingungen zukünftiger Generationen als einem fundamentalen Gemeinwohlgut beinhaltet.

Wo das Problem so alt ist: Warum kommt die katholische Kirche mit der Kritik zu so einem späten Zeitpunkt?

Wir sprechen nicht für die katholische Kirche, sondern haben als einzelnes Institut unsere Auffassung entwickelt. Ich würde aber sagen, dass die Kritik auch nicht so spät kommt: Die deutsche Bischofskonferenz hat 2006 eine ähnliche Stellung bezogen wie wir, auch wenn sie sich nicht zu den Laufzeiten geäußert hat. Noch deutlicher ist es beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken, das die Laufzeitverlängerung 2008 entschieden abgelehnt hat.

Die evangelische Kirche hat das Thema früher aufgegriffen.

Das nicht, aber sie hat sich intensiver damit auseinandergesetzt.

Warum halten so viele Christdemokraten noch an der Atomkraft fest?

Ich vermute, dass es zum einen aus ideologischen Gründen geschieht, es also noch immer Leute gibt, die den alten Konzepten und einer gewissen Technikgläubigkeit anhängen; zum anderen liegt es nahe zu vermuten, dass wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen.

Was, wenn die sich durchsetzen?

Dann wird man mit Widerstand rechnen können. Aber auch mit einem Anwachsen der Politikverdrossenheit.

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1 Kommentar

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  • HL
    Hans Loker

    Bei allem Respekt für unsere Wissenschaftler ist doch seit Jahrzehnten bewiesen, dass es keine sichere Endlagerung gibt. Nein, die bisherige Entsorgung atomarer Überreste ist auf makabre Weise in tropfenden Stollen zu bespötteln. Atomkraft ist mit nichts zu rechtfertigen. Nun dieser endgültige Beweis!

    Ein Totalausstieg so schnell wie möglich gelingt selbstverständlich nur durch größere Demut, wie Frau M. Kässmann in diesen Tagen zu Recht feststellt.

    Für mich heißt das:

    Wenn wir nicht schnellstens Verzicht üben - auf breiter Front, uns im philosophischen Sinne also glücklich zu schätzen lernen ohne diese wiederkehrende unersättliche Gier nach mehr und immer mehr, dann fliegt uns allen, also jedem Weltbürger, dieser eine wunderschöne blaue Planet buchstäblich um die Ohren. Die Kath. Kirche muss diesbezüglich deutlicher werden.