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Eigelb auf der Robe

■ Das Premierenpublikum und die Straßenkämpfer

Hamburg (taz) - Das „Phantom“ mobilisierte am Freitag abend auch den Schwarzen Block von der Elbchaussee und aus Blankenese. Die übliche Hamburger Prominenz war gekommen. Zu nennen sind so illustre Namen wie Heidi Kabel, Gyula Trebitsch, Henry Wieben, Volker Rühe, Lieschen Müller und Fritzchen Maier oder gar Dr.Henning Voscherau.

Sie wurden umrahmt von der dunkelgewandtete Kaufmannschaft und von den ein bißchen bunteren lokalen Kulturschaffenden. Alles kreditwürdige Menschen mit guten Manieren. Tausend Mark mußte sie für die Premierenkarte ausgeben, das berechtigt dazu, gute Behandlung zu erwarten.

Nun dieses: Farbklekse auf dem Smoking, Eigelb auf der Gala -Robe. Noch schlimmer: Beulen am Benz, Verwünschungen vom einfachen Volk. Und dann verspätete sich der Beginn der Vorstellung dank der Chaoten auch noch um eine gute halbe Stunden. Das kann kein Peter Hofmann (bekannt aus Film, Funk, Fernsehen und Bayreuth) wieder gutmachen.

„Das Geschwür Hafenstraße eitert, es infiziert die ganze Stadt“, jammerte ein älterer Herr, nachdem der Vorhang der dürftigen Inszenierung ein Ende bereitet hatte. Das pflichtgemäß bejubelte High-tech-Musical im High-tech -Theater war nach Vorstellungsende prompt vergessen.

Draußen, so wurde drinnen verbreitet, warten noch immer die Straßenkämpfer, wollen die Premierenfeier in der Fischauktionshalle stören, die Wagen der Nobilitäten angreifen. Im Entsetzen schwingt Abenteuerlust mit. „Hinaus in den Kampf“, ruft ein ergrauter Kapitaler, die Damen im Schlepptau, „den Krieg haben wir überstanden, die Schmeißfliegen da draußen schaffen uns nicht!“

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