Ehrungen die die Welt nicht braucht: Merkel wird "World Statesman"
Eine große Sache, auf die wir verdammt stolz sein können: Bundeskanzlerin Merkel ist in New York mit dem "World Statesman Award" ausgezeichnet worden.
Es ist noch nicht ganz der Gipfel, das wäre der Friedensnobelpreis, aber immerhin. Henry Kissinger, Nixons Außenminister, hielt die Laudatio, und der Titel klingt ja auch nicht schlecht: Am Dienstag ist Angela Merkel in New York mit dem "World Statesman Award" ausgezeichnet worden. Mit was, bitte?
Bevor wir auf diese Frage genauer eingehen, sollten wir zunächst klären, was der "World Statesman Award" alles nicht ist. Es handelt sich dabei zum Beispiel nicht um die Auszeichnung "Person of the year", die seit 1927 (und zunächst als "Man of the year") vom US-amerikanischen Nachrichtenmagazin Time Magazine vergeben wird, im Laufe der Jahre an so illustre Personen wie Adolf Hitler (1938), den Ajatollah Chomeini, George W. Bush (2000 und 2004), sowie im Jahr 2006 an "You", also irgendwie an uns alle und damit auch wieder an Angela Merkel, aber eben doch nicht so richtig.
Beim "World Statesman Award" handelt es sich ebenfalls nicht um die Auszeichnung "Woman Of The Year", die gibt es nämlich gar nicht - beziehungsweise nur als Film, nämlich als romantische Komödie aus dem Jahr 1942 mit Spencer Tracy und Katharine Hepburn.
Der "World Statesman Award" ist ebenfalls nicht zu verwechseln mit dem "World Award", einer trotz ihres mondänen Namens von einem österreichischen PR-Menschen namens Georg Kindel ins Leben gerufene Auszeichnung, die ausschließlich an "Männer, die unsere Welt verändern", vergeben wird, nämlich solche wie Ted Turner, Paul McCartney oder Steven Spielberg, das Ganze unter der sicherlich nicht ganz billigen Schirmherrschaft von Michail Gorbatschow. Irgendwann ist offenbar auffällig geworden, dass es auf der Welt auch verdiente Frauen gibt, und so wurde 2004 erstmals der "Womens World Award" verliehen, in der Kategorie "World Tolerance Award" beispielsweise an Iris Berben. Warum, das weiß wohl nur Herr Kindel selbst - und es ist in diesem Zusammenhang auch nicht weiter relevant. Viel wichtiger: Auch diesen Preis hat Angela Merkel nicht bekommen, jedenfalls noch nicht. Auch der "World Style Award" wurde ihr von Nadja Auermann weggeschnappt. Über aktuelle Preisträger der "World Awards" ist leider nichts in Erfahrung zu bringen, die Webseite wird gerade "überarbeitet" - ein deutliches Zeichen dafür, dass man von den "World Award" nie wieder hören wird.
Kommen wir zu einer weiteren Auszeichnung, die zwar ebenfalls nichts mit dem "World Statesman Award" zu tun hat, die aber immerhin dadurch glänzen kann, dass Angela Merkel die aktuelle Inhaberin ist: "Most Powerful Woman Of The World" ist sie, die Frau Bundeskanzlerin, gekrönt vom US-Wirtschaftsmagazin Forbes. Respekt! Noch mehr Respekt dafür, dass Merkel diese Spitzenposition nun schon im zweiten Jahr in Folge innehat - und diese Leistung wird durch den Umstand, dass es diese Hitliste erst seit 2004 gibt, nur ein klein wenig geschmälert. Wie schmählich im Vergleich der rapide Absturz von Condoleezza Rice, Bushs Außenministerin: Auch sie stand zweimal an der Spitze - und jetzt ist sie nur noch auf Platz vier, hinter Ho Ching aus Singapur, Wu Yi aus China und unserer Bundeskanzlerin. Hillary Clinton ist noch nicht einmal unter den Top Ten.
Am Dienstag jedoch wurde Angela Merkels bisheriges Lebenswerk schließlich gekrönt mit dem "World Statesman Award". Vergeben wird diese in weiten Teilen der Welt vollkommen unbekannte Auszeichnung von der in weiten Teilen der Welt vollkommen unbekannten "Appeal Of Conscience Foundation" (nicht zu verwechseln mit der wesentlich bekannteren "Foundation für Recht und Verfassung" aus der beliebten TV-Serie "Knight Rider"). Diese Organisation wurde 1965 von Rabbi Arthur Schneier gegründet und widmet sich der Förderung von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten sowie insbesondere der Verständigung unter verschiedenen Ethnien und Religionen. Auch Gerhard Schröder war schon "World Statesman", ebenso Hans-Dietrich Genscher und Richard von Weizsäcker. Dass die Weltverständigung im Sinne der Foundation eine kapitalistisch-konservative sein soll, lässt sich beim Blick auf die Beisitzer ahnen: Neben dem großen Vietnam-Völkerverständiger Kissinger finden sich da der für Pressevielfalt kämpfende Medientycoon Rupert Murdoch und die umtriebige Heuschrecke Peter G. Peterson, Gründer der Private-Equity-Gruppe "Blackstone".
Mit dieser Würdigung und in dieser Gesellschaft ist Angela Merkel zweifellos endgültig zu einer der führendsten Weltführerinnen avanciert. Und mit ihr: wir alle. Wir gratulieren uns ganz herzlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers