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Ehemaliger BundespräsidentHorst Köhler mit 81 Jahren gestorben

Der neunte deutsche Bundespräsident Horst Köhler ist tot. Der CDU-Politiker verstarb nach kurzer, schwerer Krankheit im Kreis seiner Familie in Berlin.

Vom Juli 2004 bis zu seinem Rücktritt im Mai 2010 saß er im Berliner Schloss Bellevue: Horst Köhler Foto: Martial Trezzini/dpa

Berlin rtr/dpa | Der frühere Bundespräsident Horst Köhler ist tot. Er sei am Samstag im Alter von 81 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit im Kreis seiner Familie in Berlin gestorben, teilte das Bundespräsidialamt mit. Informationen zur Trauerfeier würden zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.

Der Wirtschaftswissenschaftler und frühere Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) Köhler war von Juli 2004 bis zu seinem Rücktritt im Mai 2010 der neunte deutsche Bundespräsident. Zu seinen innenpolitischen Schwerpunkten zählte die Frage, wie zukunftsfähige Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen und gesichert werden können. Außenpolitisch setzte er sich für eine faire Globalisierung und besonders für Afrika ein.

Eine folgenreiche Entscheidung Köhlers war die vorzeitige Auflösung des Bundestags 2005, um Neuwahlen einzuleiten. Ähnlich wie zuletzt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte der damalige Kanzler Gerhard Schröder (SPD) im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt und die Abstimmung darüber verloren. Nach der Wahl hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einer großen Koalition aus Union und SPD Schröders rot-grüne Regierung abgelöst.

Zu seinem Rücktritt führte ein Interview, in dem er nach dem Besuch deutscher Soldaten in Afghanistan als Motiv für Bundeswehr-Auslandseinsätze auch deutsche Wirtschaftsinteressen genannt hatte.

Köhler überraschte mit seiner Nahbarkeit

Köhler war der erste Bundespräsident, der zuvor umfassende internationale Erfahrung gesammelt hatte. Er begann seine Karriere als Regierungsbeamter. Als Staatssekretär und CDU-Mitglied führte er unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) die Verhandlungen über die deutsch-deutsche Währungsunion und über den Abzug der sowjetischen Truppen vom Gebiet der früheren DDR. Beim Maastricht-Vertrag über die Europäische Währungsunion war er Chefunterhändler. Es folgten Leitungsfunktionen bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London und dem IWF in Washington.

Nach seinem Amtsantritt und mancherorts anfänglicher Skepsis gegen den zunächst als Technokraten geltenden Ökonomen überraschte Köhler viele Menschen mit seiner Nahbarkeit. „Es waren vor allem seine Zugewandtheit, sein ansteckendes Lachen und sein Optimismus, es waren sein Glaube an die Stärke unseres Landes und an die Energie und die Kreativität seiner Menschen, die ihn so viele Herzen gewinnen ließen“, erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Köhlers Tod.

Merz: Köhler hat Deutschland geprägt

CDU-Chef Friedrich Merz hat den verstorbenen Altbundespräsidenten Horst Köhler gewürdigt. „Horst Köhler hat diesem Land mit Anstand, Klarheit und großer Leidenschaft gedient“, schrieb Merz auf der Plattform X.

Der frühere Bundespräsident habe in der Finanzpolitik, in der internationalen Zusammenarbeit und in der Verantwortung Deutschlands in der Welt wichtige Impulse gesetzt. Deutschland verliere mit seinem Tod einen „klugen Kopf, einen aufrichtigen Demokraten und einen Staatsmann, der unser Land geprägt hat“. Sein Weitblick und sein Engagement werden fehlen, betonte Merz. „Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie.“

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1 Kommentar

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  • Mir ist Johannes Rau in Erinnerung geblieben, tatsächlich positiv. Im Grunde ist, dass aber och Quatsch. Seine Abschlussrede ist wegen der starken Kapitalismuskritik hängen geblieben, ich fand die damals "Banger". Grundsätzlich erzählt aber jeder halbwegs ehrliche Politiker, der jetzt nicht auf nen Beraterposten abzielt, Klartext bevor er abdankt.