Editorial: Grüne Einsichten
Von unserer Redaktion
Die Heinrich Böll-Stiftung steht wieder. Ihr Podcast mit dem Anthroposophen-Kritiker Dietrich Krauß ist nach tagelanger Verbannung zurückgekehrt. Das dürfte etwas mit dem medialen Echo zu tun haben, das auf „Spiegel online“ zusammengefasst war. Die grünen-nahe Einrichtung sei aus „Angst vor dem eigenen Milieu“ eingeknickt, so das Fazit. Den Schluss des langen Beitrags ziert das Urteil in Kontext: „Das freie Wort hat also seine Grenzen. Auch bei Bölls. Es endet dort, wo die einflussreichen Steiner-Nachfahren das Sagen haben oder zumindest glauben, das Gesagte ungesagt machen zu können.“
Den Konflikt ausgelöst hatte die Anthroposophische Gesellschaft mit einem Brandbrief an die Stiftung, in dem sie Krauß eine „bizarre Anhäufung von Halbwahrheiten“ unterstellte. Darauf nahmen die Stuttgarter und Münchner Böll-Dependancen den Podcast aus dem Netz. Siehe dazu unser Editorial „Das unfreie Wort“. Wie in Kontext angekündigt, ist die Stiftung zum genauen Check geschritten. Das Ergebnis: Der Podcast steht jetzt wieder in ganzer Länge auf ihrer Website zur Verfügung. Sie gingen an keiner Stelle einer grundsätzlichen Auseinandersetzung „im Sinne notwendiger, offener und kritischer Debatten aus dem Weg“, lassen die Böller wissen.
Wechsel im Kontext-Vorstand: Träne im Knopfloch
Der Verein für ganzheitlichen Journalismus, Träger der Kontextwochenzeitung, ist solide, aber nicht verschwenderisch, höchstens immateriell. Ein Blumenstrauß musste reichen für den scheidenden Vorsitzenden Ulrich Reinhardt, umso mehr Danksagungen bestimmten die Mitgliederversammlung am vergangenen Mittwoch. Nach neun Jahren, mit kurzer Unterbrechung, wollte unser Uli endlich durchschnaufen. Der weitgereiste Journalist schloss mit den Worten, es sei ihm „Ehre und Privileg“ gewesen, so lange für Kontext den Kopf hinhalten zu dürfen. Die Redaktion retourniert mit einer Träne im Knopfloch. Bei den anschließenden Wahlen wurde Anni Endress, seine bisherige Stellvertreterin, einstimmig zur Vorsitzenden gekürt, ebenso Jürgen Klose als ihr Vize und Michael Schulze als neues Vorstandsmitglied. Das Durchschnaufen nicht vergönnt ist Johannes Rauschenberger. Der Herr über die Finanzen muss noch darüber nachdenken, wie er Kontext in die Kleider einer Genossenschaft steckt.
Anstifter ehren Reporter ohne Grenzen
Das ist mal was anderes: Der Festtrompeter bei der Friedensgala hüpft von der Theaterhaus-Bühne und nimmt im Publikum Platz. Kurzer Perspektivenwechsel, bis es wieder nach oben geht. Dort beglückt Matthias Schriefl das Publikum mit Alphorn, Akkordeon, Basshorn und, ja, auch mit Spielzeug lässt sich Musik machen. Munter ist er, der 20. Friedenspreis der Anstifter, der an „Reporter ohne Grenzen“ geht. Den Jugendpreis heimst das Stuttgarter Friedrich-Eugens-Gymnasiums für sein Projekt „Schule ohne Rassismus“ ein. Verdi-Chef Frank Werneke würdigt die Arbeit der Hilfsorganisation, sagt, dass sie es immer wieder schaffe, die Verbindung herzustellen zwischen den Zahlen und den Menschen, den Journalist:innen, die dahinter stecken. Die zunehmende Zahl derer, die in Haft sind, zeige den „Zustand der Welt“.
Stuttgarts Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann lobt die Schüler:innen für ihr Engagement und das gemeinsame Fastenbrechen von muslimischen und nicht-muslimischen Schülern im Ramadan. Das letzte Wort hat – wie immer – Ober-Anstifter Peter Grohmann, der das Miteinander hervorhebt: gegen den Hass, gegen geschlossene Grenzen. Und wie immer verlassen die Festgäste die Friedensgala mit einer Rose.
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