Eckpunkte EU-Haushalt: Brüssel will eigene Steuern
Das neue EU-Budget soll Europa grüner und innovativer machen. Die Mitgliedstaaten fordern einen niedrigeren Haushalt, das EU-Parlament will mehr Geld für Forschung.
BRÜSSEL taz | Seit Tagen bereitet sich EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso auf die Schlacht um das nächste EU-Budget für die Jahre 2014 bis 2020 vor. Journalisten und Parlamentariern versuchte er sein Motto schmackhaft zu machen: "Heute schon in das Wachstum von morgen investieren."
Die Eckpunkte klingen tatsächlich gut. Das Budget wird nicht erhöht, sondern bleibt - gemessen an der Wirtschaftsleistung der EU-Staaten - auf der bisherigen Höhe von einem Prozent. Das umstrittene Agrarbudget wird gekürzt, stattdessen soll es mehr Geld für "grünes Wachstum", Energienetze und Innovationen geben. Nachlässe wie der berüchtigte Briten-Rabatt werden abgebaut, ab 2014 soll Brüssel zudem über neue Eigenmittel aus einer Finanztransaktionssteuer und einer europäischen Mehrwertsteuer verfügen.
Barroso hatte sogar ein besonderes Bonbon für die 27 Mitgliedstaaten vorgesehen: Durch die neuen Finanzquellen sollen ihre Beiträge zum EU-Budget um rund 40 Prozent sinken. Für Deutschland, das mit rund 20 Prozent am meisten zahlt, kämen da einige Milliarden zusammen. Doch wenn Barroso auf einen freundlichen Empfang in Berlin gehofft hatte, sah er sich getäuscht: Seinem Entwurf schlägt Ablehnung entgegen.
Als einer der Ersten schoss Bundesaußenminister Guido Westerwelle aus der Hüfte: "In Zeiten der allgemeinen Haushaltskonsolidierung muss auch von Brüssel ein Signal für sparsames und nachhaltiges Wirtschaften ausgehen", teilte der FDP-Politiker mit. Die EU-Kommission liege mit ihrem Vorschlag "deutlich" über dem, was die Bundesregierung für vertretbar hält. Auch die Finanztransaktionssteuer lehnt Westerwelle ab: "Es gibt keinen Bedarf für eine solche Steuer, denn die EU hat kein Finanzierungsproblem."
"Komplett unrealistisch"
Noch schärfere Reaktionen kamen aus London und Den Haag. Als "komplett unrealistisch" bezeichnete die britische Regierung die Haushaltspläne der EU-Behörde. "Die Steuererhebung ist eine nationale Befugnis", winkte der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager ab. Ähnliche Töne kamen aus dem hohen Norden. "Dieses Budget basiert auf Vorstellungen aus den 50er Jahren. Es wird komplizierte Verhandlungen geben", warnte die schwedische Europaministerin Birgitta Ohlsson.
Auf Wohlwollen stößt Barrosos Entwurf im Europaparlament - und da auch nur bedingt. Zwar freuen sich die Grünen über die neue Finanztransaktionssteuer. "So können wir auch die Exzesse auf den Märkten begrenzen", sagte die grüne Abgeordnete Helga Trüpel. Weniger begeistert zeigen sich die Sozialdemokraten: "Schaut man genauer hin, werden für das verabredete Mehr an Aufgaben, die auf Europa zukommen, nicht die nötigen Mittel bereitgestellt", sagte die stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Jutta Haug (SPD). Dies gelte insbesondere für die Forschung.
Die einen wollen mehr, die anderen entschieden weniger Geld für Europa - entsprechend schwierig dürften die nun bevorstehenden Verhandlungen werden. Das neue Budget soll Ende nächsten Jahres beschlossen werden. Bis dahin dürfte Barrosos Entwurf noch viele Fe- dern lassen. Auch die Brüsseler Beamten sollen bluten: In einem gemeinsamen Brief verlangten acht Regierungen, darunter auch Deutschland, Einsparungen bei den Gehältern und Pensionen der rund 50.000 EU-Beamten. Die Gewerkschaften haben bereits mit Streik gedroht.
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