EVA VÖLPEL ÜBER DIE KONJUNKTUREFFEKTE DES MINDESTLOHNS : Im Sinne der Wirtschaft
Für einen großen Teil der Arbeitgeber – längst nicht mehr für alle – ist ein allgemeiner Mindestlohn fast schon Sozialismus. Heißt: nichts, was Deutschland braucht.
Doch just die Entwicklung in der Industrie liefert derzeit Argumente für einen Mindestlohn: Die Exportmaschine Deutschland stottert, im Mai brachen die Ausfuhren gegenüber April um 2,4 Prozent ein. Im Vergleich zum Mai 2012 gab es gar ein Minus von 4,8 Prozent. Wegen ihrer Wirtschaftskrisen drosseln vor allem EU-Staaten die Importe. Nun soll der private Konsum in Deutschland anziehen und für Ausgleich sorgen, ist die Hoffnung bei Unternehmen und Politik.
Viel wird da allerdings nicht kommen, wenn es so weitergeht. Denn auch die deutschen Reallöhne sind zum ersten Mal seit Ende 2009 wieder geschrumpft. So liefern Wirtschaftsaussichten und Exportrückgang die besten Argumente für einen flächendeckenden Mindestlohn. Der könnte bei einem Stundenlohn von 8,50 Euro die Kaufkraft um 19 Milliarden Euro jährlich steigern, besagt eine neue Studie.
Sicher, die Beschäftigten der Dienstleistungsbranchen, wo derzeit oft Hungerlöhne bezahlt werden, stützen mit mehr Geld in der Tasche nicht unbedingt den hiesigen Maschinenbau oder die Autoindustrie. Doch wenn Deutschland den Binnenmarkt ankurbelt, kann dies den Verlust durch wegbrechende Ausfuhren teilweise kompensieren und die Wirtschaftsflaute verhindern. Das wäre auch im Sinne unserer europäischen Nachbarn, die unter dem Exportweltmeister Deutschland leiden. Das Argument, ein Mindestlohn vernichte flächendeckend Arbeitsplätze, zieht dagegen nicht. Es ist durch Studien über die Wirkung der Branchenmindestlöhne hierzulande und allgemeine Mindestlöhne im Ausland längst widerlegt.
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