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Archiv-Artikel

EUROPA HAT VERSÄUMT, DIE TURKMENISCHE OPPOSITION ZU UNTERSTÜTZEN Ohne Plan B

Exilpolitiker sind oft nervig: Manchmal erzeugen sie noch einen gewissen medialen Glanz, wenn sie spektakulär aus ihrem jeweiligen Unterdrückerland gerettet werden. Doch dann sind sie meist schnell vergessen. Unbeachtet fristen sie ihr Dasein in europäischen Hauptstädten, wo sie oft von der Sozialhilfe leben. Dort verstricken sie sich gerne mit anderen Exiloppositionellen in endlose und nicht nachvollziehbare Ränkespiele.

Da halten es die Realpolitiker doch lieber mit den Despoten: Da weiß man, was man hat. Warum soll man sich in europäischen Außenministerien denn auch das Gejammere von Exilpolitikern in schlecht sitzenden Anzügen anhören? Dumm nur, wenn ein plötzlicher Herztod dann das Leben eines solchen Tyrannen abrupt beendet – so, wie dies jüngst in Turkmenien geschehen ist, das der Diktator Saparmurad Nijasow über zwanzig Jahre lang mit einem absurden Personenkult überzogen hat. Denn nun gibt es keinen Plan B.

Seit einem Jahr wird im deutschen Außenministerium von einer EU-Zentralasienstrategie gemunkelt, mit der die Region näher an Europa herangeführt werden soll. Die Energieressourcen, die Terrorangst und das Schlamassel im angrenzenden Afghanistan liefern genug Gründe für einen solchen Ansatz. Doch die Annäherung wird allein über den Dialog mit Diktatoren wie dem verstorbenen Saparmurad Nijasow und dessen usbekischem Kollegen Islam Karimow zu erreichen versucht.

Warum wird nicht auch die Opposition im Exil einbezogen – zumal in Usbekistan und Turkmenien jegliche legale Opposition verboten und zerstört worden ist? Warum hilft man ihr nicht, sich für einen möglichen Wandel bereitzuhalten? Da dies versäumt wurde, reagiert die turkmenische Opposition nun völlig hilflos auf die Todesnachricht des Despoten. In wenigen Tagen verloren sich die Aktivisten in absurden Aktionen; weder nach Berlin noch nach Brüssel gab es einen direkten Draht. Jetzt ist man in Europa gezwungen, die innenpolitischen Winkelzüge in Turkmenien von außen zu beobachten – ohne jeden Einfluss auf das Geschehen. MARCUS BENSMANN