EU-Tabakrichtlinie kommt: Raucherlunge und faule Zähne light
Die Schockbilder auf Zigarettenpackungen kommen, aber sie werden weniger groß sein. Die Tabaklobby hat massiv gegen die EU-Richtlinie gearbeitet.
BRÜSSEL taz | Unter massivem Druck der Tabaklobby hat das Europaparlament für Schockbilder auf Zigarettenpackungen und andere Einschränkungen für Raucher gestimmt. Allerdings wurde die neue EU-Tabakrichtlinie abgeschwächt. So bleibt die Menthol-Zigarette, die es durch Exbundeskanzler Helmut Schmidt zu fragwürdigem Ruhm gebracht hat, noch ein paar Jahre am Markt. Auch die eleganten Slim-Zigaretten erhalten eine Gnadenfrist.
Die neue Richtlinie war von Anfang an von der Tabaklobby bekämpft worden. Schon 2010 sandten deutsche Tabakkonzerne ihre Emissäre nach Brüssel. Zuletzt waren 161 Lobbyisten allein für den US-Zigarettenhersteller Philip Morris unterwegs, um die Europaabgeordneten von allzu scharfen Regeln abzuhalten. Offenbar mit Erfolg. Erst verschob man die Abstimmung, nun wurden die neuen Vorschriften abgeschwächt.
Die Schockfotos von Raucherlungen und faulen Zähnen sollen künftig 65 Prozent der Vorder- und Rückseiten von Zigarettenpackungen ausmachen. Die Kommission hatte 75 Prozent empfohlen. Bisher bedecken Warnhinweise vorne 30 Prozent und hinten 40 Prozent der Verpackung. Für das Verbot von Menthol-Zigaretten gilt eine mehrjährige Übergangsfrist. Andere Zusatzstoffe wie Schokolade oder Vanille sollen erst in etwa drei Jahren verboten werden.
Auch für elektronische Zigaretten gelten mildere Regeln als geplant. Sie bleiben weiter frei verkäuflich. Allerdings bekommen sie auch Warnhinweise verpasst, die etwa auf den Nikotingehalt hinweisen. Das soll Nichtraucher und schwangere Frauen abschrecken. Im Kern geht es jedoch darum, Jugendliche vom Griff zur Zigarette abzuhalten.
Gesundheitsschutz aus den Augen verloren
Genau dieses Vorhaben sei nun aufgeweicht worden, kritisiert die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Rebecca Harms: „Die konservativ-liberale Mehrheit tanzt nach der Pfeife der Tabaklobby.“ Dabei habe sie das eigentliche Ziel, den Gesundheitsschutz, vollkommen aus den Augen verloren. Von einem akzeptablen Ergebnis, „wenn auch mit bitterem Beigeschmack“, spricht dagegen die SPD-Abgeordnete Dagmar Roth-Behrendt.
Die neue Richtlinie muss noch den EU-Ministerrat passieren. Dort sind weitere Kompromisse und Abschwächungen zu erwarten.
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