EU-Politiker André Brie über die Linke: "Meine Haltung missfällt der Partei"
Die Anti-EU-Front ist in der Linkspartei stärker geworden, so der Europaabgeordnete André Brie. Die Linkspartei-Spitze will ihn nicht mehr für das Europaparlament nominieren.
taz: Herr Brie, die Linkspartei hat Sie nicht mehr für das EU-Parlament nominiert. Was haben Sie falsch gemacht?
André Brie: Ich kritisiere zwar vieles an der aktuellen EU-Politik - habe aber eine pronociert proeuropäische Haltung. Das missfällt vielen offenbar.
Die EU betreibt eine Politik der Aufrüstung, sozialer Spaltung und Ausbeutung. Das steht im Wahlprogramm der Linkspartei. Ist es so?
Weitgehend ja. Aufrüstung betreibt nicht die EU, das tun die Nationalstaaten. Allerdings droht die EU ihren Charakter als zivile Macht zu verlieren. Und der Lissabon-Vertrag treibt die Orientierung auf mehr Markt und Privatisierung voran. Das befördert soziale Spaltung.
Das Wahlprogramm der Linkspartei lässt kein gutes Haar an der EU …
Ich finde schon, dass in dem Text nun ein klares Bekenntnis zu Europa steht.
Reden wir über das gleiche Programm?
Doch, es gibt durchaus verbale Bekenntnisse zu Europa. Die sind auch wichtig. Falsch scheint mir, dass vieles, was Nationalstaaten verantworten, der EU angeheftet wird. Damit drohen die großen Chancen der europäischen Einigung in den Hintergrund zu treten.
In dem Programm steht, dass "der Vorrang des EU-Rechts vor nationalen Grundrechten" gebrochen werden muss. Zeigt diese Passage nicht eine antieuropäische Schlagseite?
Nein, das ist ein komplexes Problem. Wir haben viele Souveränitätsrechte an die EU abgegeben - das finde ich richtig. Denn gerade die Finanzkrise zeigt, dass Nationalstaaten in der globalisierten Ökonomie nicht ausreichen, um die Rechte der Bürger zu verteidigen. Andererseits müssen die nationalstaatlichen Rechte der Bürger das Primäre bleiben. Denn wir wollen keinen EU-Superstaat. Das muss man ausbalancieren - und die umfassende Demokratisierung der EU forcieren. In dieser Hinsicht ist der Lissabon-Vertrag positiv. Denn dort sind erstmals einklagbare Rechte der Bürger gegenüber den EU-Institutionen fixiert.
Die Linkspartei klagt in Karlsruhe gegen den EU-Vertrag. Unterstützen Sie das?
Ja, denn im EU-Vertrag findet sich mehr Negatives als Positives.
Hat das einen nationalen Unterton?
Die europäische Linke muss die entschiedenste Kraft für die Einigung Europas sein. Nationale Untertöne darf sie sich nicht leisten.
Aber es gibt sie?
Ja, und das ist kurzsichtig. Eine Renationalisierung ist illusorisch und falsch.Wir haben eine ähnliche Lage wie im 19. Jahrhundert. Karl Marx hat selbst die deutsche Einigung von oben mit Blut und Eisen als Fortschritt gegenüber der Kleinstaaterei gesehen hat. Heute, angesichts globalisierter Märkte und internationaler Konzerne, kann die Linke doch gar nicht auf Europa verzichten. Gerade wenn sie soziale Ziele durchsetzen will.
Die EU-Ablehnungsfront ist seit der Fusion mit der WASG aber größer geworden.
Ja, das stimmt.
Sind Sie deshalb nicht mehr nominiert worden?
Nein, da spielt ein profundes Desinteresse an dem, was wir im Europaparlament machen, eine größere Rolle. Und viel Unkenntnis. Wir - die Fraktion - haben viel Konstruktives geleistet. Parlamentarier, auch linke Parlamentarier, können in Straßburg viel auf den Weg bringen. Ich war Verhandlungsführer des Parlaments über die Marktüberwachung - laut Verheugen die größte Reform des EU-Binnenmarktes. Und ich habe vieles für mehr Verbraucherschutz durchgesetzt. Von solchen Einflussnahmen können Bundestagsabgeordnete nur träumen.
Leser*innenkommentare
M. Stocker
Gast
Nachdem nun schon kurz hintereinander zwei lesenswerte, um nicht zu sagen unglaublich gute Artikel in der Taz veröffentlicht wurden (Robert Misik und Friedrich Krotz mit ihren Kommentaren zur Krise), habe ich gehofft, dass angesichts des 30-jährigen Jubiläums und dem Auftauchen des einen oder anderen Gründungs-Pamphlets der finsterste Mainstream-Journalismus seinen Zenit in der Taz überschritten hat.
Wie furchtbar man sich täuschen kann.
'Linkspartei stellt Abweichler kalt'. FAZ, Spiegel und Focus, Springer und Hugenberg hätten ihre helle Freude an solchen Journalisten, die diese fiese Assoziationsfalle auf die Titelseite hieven können. Sollte das etwa nicht als 'Linke macht Abweichler kalt' wirken?
Für wie bescheuert muss Stefan Reinecke uns Leser eigentlich halten. 'Die Partei ist auf Lafontaine-Kurs. Stramm gegen die EU.' Weder aus dem Artikel selbst, geschweige denn aus dem Programmentwurf der Linken geht in irgendeiner Weise hervor, worin die EU-Gegnerschaft besteht, außer in der Ablehnung des Lissabon-Vertrags, eines Produkts der Angst vor der Demokratie in Europa.
Darf ich ganz vorsichtig daran erinnern, dass wir die Taz bestellt haben, und weder Bild-Zeitung noch Focus-Quark!
Ist die Schaffung eines Überwachungsnetzes für die Finanzmärkte, die jetzt, Monate und Jahre später nach den Forderungen der Linken, (und sonst niemandem! Man ist ja schon dankbar, dass sich das überhaupt herumspricht..) eingeführt werden soll, ein Rückfall in die nationalstaatlichen Egoismen? Ist die Forderung nach Festschreibung europaweit gleicher Sozial- und Umweltstandards, die Forderung nach einem europaweit einheitlichen Steuersystem, gar einer demokratisch legitimierten 'Regierung' etwas, was vor den Ausschuss für uneuropäische Umtriebe gehört?. Die Europäische Kommission wäre dann die erste, die antanzen müsste.
Wer argumentiert gegen Europa? Laut Reinecke 70-jährige, alte Knacker, eben Altgenossen (Warum zum Teufel fällt mir da nur gleich 'Altlasten' ein??). Dummerweise argumentiert in der Linken niemand gegen Europa (zumindest niemand, der mehr als einen Stammtischkommentar von sich gibt). Ich gebe es gerne zu, der Programmentwurf ist nichts für den Pultizer-Preis, man wird beim Lesen leicht müde ob der vielen Wiederholungen; wir wissen alle, dass ihr Linkspartei-Genossen fürchterlich friedlich seid, ham wer aber auch schon vorher gewußt. Aber es ist nun mal die verdammte Pflicht und Schuldigkeit von Journalisten, auch die eigene ideologische Verbohrtheit wenigstens ansatzweise mit der Realität abzugleichen und das Programm, auch wenns schwerfällt, zu lesen. Sonst passiert genau das, was Reinecke passiert ist. Er fabuliert bezugsfrei zur Realität, und das nenn man Stimmungsmache und Propaganda.
Dazu benutzt er fieserweise die unterlegene Fraktion, obwohl ihm sonst das Wohlergehen der Linkspartei, sagen wirs vorsichtig, sonst nicht gerade ein Herzensanliegen ist.
Die Methoden sind immer die gleichen:
'Dort begriff sie, dass man im Dschungel der EU etwas ändern kann - wenn man sich nicht einmauert'. Danke auch. Alle die das Vertragswerk nüchtern und mit Distanz betrachten, mauern sich also ein.
'Oskar Lafontaine fährt einen scharfen Anti-EU-Kurs - Pragmatiker stören da'. Wir Leser erhalten nicht die Gnade eines Beleges für Lafontaines Haltung gereicht, außer - nicht nur seiner, sondern der Partei-mehrheitlichen - Ablehnung des Lissabon-Vertrages. Darf ich daran erinnern, dass nicht jeder Kritiker des Vietnam- oder Irak-Kriegs (die Kritik richtete sich vorwiegend gegen die Politik des selbsternannten Musterlands der Demokratie) eine Kritik an der Demokratie war? Selbst dann nicht, als viele der Kritiker tatsächlich vor dem Ausschuss für unamerikanische Umtriebe vorreiten mussten?
'Pragmatiker'. Lieber Stefan Reinecke und sonstige selbsternannte Taz-Panther-Journalismus-Lehrer: Pragmatiker ist eine konservative Chiffre für hemmungslosen, aalglatten, schleimigen Opportunismus. Die FAZ und andere Zentralorgane der rechtskonservativen Heimtücke wurden nicht müde, Ole von Beusts 'Pragmatismus' zu loben angesichts seiner für ihn unerquicklichen Situation, in Hamburg eine große Koalition zusammenschustern zu müssen. Oder eben den rechtpopulistischen Krawall der Schill-Partei salonfähig zu machen.
Als Politiker der Linken würde ich mir diese Schmähung durch Taz-Journalisten doch sehr verbitten, egal ob Lissabon-Befürworter oder -Gegner.
Dann noch die kleinen Unterschlagungen: Die Linke kämpft nicht gegen die EU-Verfassung, sondern für eine demokratischere Verfassung, für ein demokratischeres Europa, das mit dem ausgehandelten Vertrag nicht verwirklichbar ist.
Bries Zugeständnis zur Interview-Unterstellungsfrage des Nationalismus: Wer? Innerparteilich oder generell? Oder nur die Dumpfbacken, die ein Europa der Nationen zusammenträumen?
Die Sympathie von Daniel Cohn-Bendit für eine an den Verhandlungen Beteiligte und ein Bundesverdienstkreuz für die Trägerin der eigenen Meinung ist kein Grund, sich mit dem Lissabon-Vertrag nicht kritisch auseinanderzusetzen und schon gar kein Grund, seinen pathologischen Hass auf die Linkspartei und Lafontaine in der Taz den Lesern vor die Füße zu kotzen.
gwen
Gast
Hallo,
Ca pourra t'intéresser.
Bonne journée,
Gwen.
Leon Hartner
Gast
Ist es Ironie, dass am selben Tag, an dem eine generelle Aufsicht jedes Akteurs am Finanzmarkt beschlossen wird, ein Interview veröffentlicht wird, in dem behauptet wird, dass die EU zu mehr Markt strebe?
M. Stocker
Gast
Nachdem nun schon kurz hintereinander zwei lesenswerte, um nicht zu sagen unglaublich gute Artikel in der Taz veröffentlicht wurden (Robert Misik und Friedrich Krotz mit ihren Kommentaren zur Krise), habe ich gehofft, dass angesichts des 30-jährigen Jubiläums und dem Auftauchen des einen oder anderen Gründungs-Pamphlets der finsterste Mainstream-Journalismus seinen Zenit in der Taz überschritten hat.
Wie furchtbar man sich täuschen kann.
'Linkspartei stellt Abweichler kalt'. FAZ, Spiegel und Focus, Springer und Hugenberg hätten ihre helle Freude an solchen Journalisten, die diese fiese Assoziationsfalle auf die Titelseite hieven können. Sollte das etwa nicht als 'Linke macht Abweichler kalt' wirken?
Für wie bescheuert muss Stefan Reinecke uns Leser eigentlich halten. 'Die Partei ist auf Lafontaine-Kurs. Stramm gegen die EU.' Weder aus dem Artikel selbst, geschweige denn aus dem Programmentwurf der Linken geht in irgendeiner Weise hervor, worin die EU-Gegnerschaft besteht, außer in der Ablehnung des Lissabon-Vertrags, eines Produkts der Angst vor der Demokratie in Europa.
Darf ich ganz vorsichtig daran erinnern, dass wir die Taz bestellt haben, und weder Bild-Zeitung noch Focus-Quark!
Ist die Schaffung eines Überwachungsnetzes für die Finanzmärkte, die jetzt, Monate und Jahre später nach den Forderungen der Linken, (und sonst niemandem! Man ist ja schon dankbar, dass sich das überhaupt herumspricht..) eingeführt werden soll, ein Rückfall in die nationalstaatlichen Egoismen? Ist die Forderung nach Festschreibung europaweit gleicher Sozial- und Umweltstandards, die Forderung nach einem europaweit einheitlichen Steuersystem, gar einer demokratisch legitimierten 'Regierung' etwas, was vor den Ausschuss für uneuropäische Umtriebe gehört?. Die Europäische Kommission wäre dann die erste, die antanzen müsste.
Wer argumentiert gegen Europa? Laut Reinecke 70-jährige, alte Knacker, eben Altgenossen (Warum zum Teufel fällt mir da nur gleich 'Altlasten' ein??). Dummerweise argumentiert in der Linken niemand gegen Europa (zumindest niemand, der mehr als einen Stammtischkommentar von sich gibt). Ich gebe es gerne zu, der Programmentwurf ist nichts für den Pultizer-Preis, man wird beim Lesen leicht müde ob der vielen Wiederholungen; wir wissen alle, dass ihr Linkspartei-Genossen fürchterlich friedlich seid, ham wer aber auch schon vorher gewußt. Aber es ist nun mal die verdammte Pflicht und Schuldigkeit von Journalisten, auch die eigene ideologische Verbohrtheit wenigstens ansatzweise mit der Realität abzugleichen und das Programm, auch wenns schwerfällt, zu lesen. Sonst passiert genau das, was Reinecke passiert ist. Er fabuliert bezugsfrei zur Realität, und das nenn man Stimmungsmache und Propaganda.
Dazu benutzt er fieserweise die unterlegene Fraktion, obwohl ihm sonst das Wohlergehen der Linkspartei, sagen wirs vorsichtig, sonst nicht gerade ein Herzensanliegen ist.
Die Methoden sind immer die gleichen:
'Dort begriff sie, dass man im Dschungel der EU etwas ändern kann - wenn man sich nicht einmauert'. Danke auch. Alle die das Vertragswerk nüchtern und mit Distanz betrachten, mauern sich also ein.
'Oskar Lafontaine fährt einen scharfen Anti-EU-Kurs - Pragmatiker stören da'. Wir Leser erhalten nicht die Gnade eines Beleges für Lafontaines Haltung gereicht, außer - nicht nur seiner, sondern der Partei-mehrheitlichen - Ablehnung des Lissabon-Vertrages. Darf ich daran erinnern, dass nicht jeder Kritiker des Vietnam- oder Irak-Kriegs (die Kritik richtete sich vorwiegend gegen die Politik des selbsternannten Musterlands der Demokratie) eine Kritik an der Demokratie war? Selbst dann nicht, als viele der Kritiker tatsächlich vor dem Ausschuss für unamerikanische Umtriebe vorreiten mussten?
'Pragmatiker'. Lieber Stefan Reinecke und sonstige selbsternannte Taz-Panther-Journalismus-Lehrer: Pragmatiker ist eine konservative Chiffre für hemmungslosen, aalglatten, schleimigen Opportunismus. Die FAZ und andere Zentralorgane der rechtskonservativen Heimtücke wurden nicht müde, Ole von Beusts 'Pragmatismus' zu loben angesichts seiner für ihn unerquicklichen Situation, in Hamburg eine große Koalition zusammenschustern zu müssen. Oder eben den rechtpopulistischen Krawall der Schill-Partei salonfähig zu machen.
Als Politiker der Linken würde ich mir diese Schmähung durch Taz-Journalisten doch sehr verbitten, egal ob Lissabon-Befürworter oder -Gegner.
Dann noch die kleinen Unterschlagungen: Die Linke kämpft nicht gegen die EU-Verfassung, sondern für eine demokratischere Verfassung, für ein demokratischeres Europa, das mit dem ausgehandelten Vertrag nicht verwirklichbar ist.
Bries Zugeständnis zur Interview-Unterstellungsfrage des Nationalismus: Wer? Innerparteilich oder generell? Oder nur die Dumpfbacken, die ein Europa der Nationen zusammenträumen?
Die Sympathie von Daniel Cohn-Bendit für eine an den Verhandlungen Beteiligte und ein Bundesverdienstkreuz für die Trägerin der eigenen Meinung ist kein Grund, sich mit dem Lissabon-Vertrag nicht kritisch auseinanderzusetzen und schon gar kein Grund, seinen pathologischen Hass auf die Linkspartei und Lafontaine in der Taz den Lesern vor die Füße zu kotzen.
gwen
Gast
Hallo,
Ca pourra t'intéresser.
Bonne journée,
Gwen.
Leon Hartner
Gast
Ist es Ironie, dass am selben Tag, an dem eine generelle Aufsicht jedes Akteurs am Finanzmarkt beschlossen wird, ein Interview veröffentlicht wird, in dem behauptet wird, dass die EU zu mehr Markt strebe?
M. Stocker
Gast
Nachdem nun schon kurz hintereinander zwei lesenswerte, um nicht zu sagen unglaublich gute Artikel in der Taz veröffentlicht wurden (Robert Misik und Friedrich Krotz mit ihren Kommentaren zur Krise), habe ich gehofft, dass angesichts des 30-jährigen Jubiläums und dem Auftauchen des einen oder anderen Gründungs-Pamphlets der finsterste Mainstream-Journalismus seinen Zenit in der Taz überschritten hat.
Wie furchtbar man sich täuschen kann.
'Linkspartei stellt Abweichler kalt'. FAZ, Spiegel und Focus, Springer und Hugenberg hätten ihre helle Freude an solchen Journalisten, die diese fiese Assoziationsfalle auf die Titelseite hieven können. Sollte das etwa nicht als 'Linke macht Abweichler kalt' wirken?
Für wie bescheuert muss Stefan Reinecke uns Leser eigentlich halten. 'Die Partei ist auf Lafontaine-Kurs. Stramm gegen die EU.' Weder aus dem Artikel selbst, geschweige denn aus dem Programmentwurf der Linken geht in irgendeiner Weise hervor, worin die EU-Gegnerschaft besteht, außer in der Ablehnung des Lissabon-Vertrags, eines Produkts der Angst vor der Demokratie in Europa.
Darf ich ganz vorsichtig daran erinnern, dass wir die Taz bestellt haben, und weder Bild-Zeitung noch Focus-Quark!
Ist die Schaffung eines Überwachungsnetzes für die Finanzmärkte, die jetzt, Monate und Jahre später nach den Forderungen der Linken, (und sonst niemandem! Man ist ja schon dankbar, dass sich das überhaupt herumspricht..) eingeführt werden soll, ein Rückfall in die nationalstaatlichen Egoismen? Ist die Forderung nach Festschreibung europaweit gleicher Sozial- und Umweltstandards, die Forderung nach einem europaweit einheitlichen Steuersystem, gar einer demokratisch legitimierten 'Regierung' etwas, was vor den Ausschuss für uneuropäische Umtriebe gehört?. Die Europäische Kommission wäre dann die erste, die antanzen müsste.
Wer argumentiert gegen Europa? Laut Reinecke 70-jährige, alte Knacker, eben Altgenossen (Warum zum Teufel fällt mir da nur gleich 'Altlasten' ein??). Dummerweise argumentiert in der Linken niemand gegen Europa (zumindest niemand, der mehr als einen Stammtischkommentar von sich gibt). Ich gebe es gerne zu, der Programmentwurf ist nichts für den Pultizer-Preis, man wird beim Lesen leicht müde ob der vielen Wiederholungen; wir wissen alle, dass ihr Linkspartei-Genossen fürchterlich friedlich seid, ham wer aber auch schon vorher gewußt. Aber es ist nun mal die verdammte Pflicht und Schuldigkeit von Journalisten, auch die eigene ideologische Verbohrtheit wenigstens ansatzweise mit der Realität abzugleichen und das Programm, auch wenns schwerfällt, zu lesen. Sonst passiert genau das, was Reinecke passiert ist. Er fabuliert bezugsfrei zur Realität, und das nenn man Stimmungsmache und Propaganda.
Dazu benutzt er fieserweise die unterlegene Fraktion, obwohl ihm sonst das Wohlergehen der Linkspartei, sagen wirs vorsichtig, sonst nicht gerade ein Herzensanliegen ist.
Die Methoden sind immer die gleichen:
'Dort begriff sie, dass man im Dschungel der EU etwas ändern kann - wenn man sich nicht einmauert'. Danke auch. Alle die das Vertragswerk nüchtern und mit Distanz betrachten, mauern sich also ein.
'Oskar Lafontaine fährt einen scharfen Anti-EU-Kurs - Pragmatiker stören da'. Wir Leser erhalten nicht die Gnade eines Beleges für Lafontaines Haltung gereicht, außer - nicht nur seiner, sondern der Partei-mehrheitlichen - Ablehnung des Lissabon-Vertrages. Darf ich daran erinnern, dass nicht jeder Kritiker des Vietnam- oder Irak-Kriegs (die Kritik richtete sich vorwiegend gegen die Politik des selbsternannten Musterlands der Demokratie) eine Kritik an der Demokratie war? Selbst dann nicht, als viele der Kritiker tatsächlich vor dem Ausschuss für unamerikanische Umtriebe vorreiten mussten?
'Pragmatiker'. Lieber Stefan Reinecke und sonstige selbsternannte Taz-Panther-Journalismus-Lehrer: Pragmatiker ist eine konservative Chiffre für hemmungslosen, aalglatten, schleimigen Opportunismus. Die FAZ und andere Zentralorgane der rechtskonservativen Heimtücke wurden nicht müde, Ole von Beusts 'Pragmatismus' zu loben angesichts seiner für ihn unerquicklichen Situation, in Hamburg eine große Koalition zusammenschustern zu müssen. Oder eben den rechtpopulistischen Krawall der Schill-Partei salonfähig zu machen.
Als Politiker der Linken würde ich mir diese Schmähung durch Taz-Journalisten doch sehr verbitten, egal ob Lissabon-Befürworter oder -Gegner.
Dann noch die kleinen Unterschlagungen: Die Linke kämpft nicht gegen die EU-Verfassung, sondern für eine demokratischere Verfassung, für ein demokratischeres Europa, das mit dem ausgehandelten Vertrag nicht verwirklichbar ist.
Bries Zugeständnis zur Interview-Unterstellungsfrage des Nationalismus: Wer? Innerparteilich oder generell? Oder nur die Dumpfbacken, die ein Europa der Nationen zusammenträumen?
Die Sympathie von Daniel Cohn-Bendit für eine an den Verhandlungen Beteiligte und ein Bundesverdienstkreuz für die Trägerin der eigenen Meinung ist kein Grund, sich mit dem Lissabon-Vertrag nicht kritisch auseinanderzusetzen und schon gar kein Grund, seinen pathologischen Hass auf die Linkspartei und Lafontaine in der Taz den Lesern vor die Füße zu kotzen.
gwen
Gast
Hallo,
Ca pourra t'intéresser.
Bonne journée,
Gwen.
Leon Hartner
Gast
Ist es Ironie, dass am selben Tag, an dem eine generelle Aufsicht jedes Akteurs am Finanzmarkt beschlossen wird, ein Interview veröffentlicht wird, in dem behauptet wird, dass die EU zu mehr Markt strebe?