EU-Parlamentskandidatin Rachida Dati: Blendende Kämpferin
Die Noch-Justizministerin Frankreichs wird Sonntag sicher ins EU-Parlament gewählt.
"Lassen Sie sich ein Autogramm geben", insistiert die Dame aus dem Gemeinderat von Coulommiers, "schließlich begegnen Sie nicht alle Tage einer echten Ministerin." Eine Blumenhändlerin ruft: "In Natur ist sie noch schöner als im Fernsehen." Neben dem Fleischerstand reicht eine junge Mutter ihr kleines Mädchen für ein Foto in die Arme der prominenten Besucherin. Und schwärmt neidisch: "Was hat sie für eine tolle Figur!"
Europawahlkampf mit Rachida Dati. Die Justizministerin der französischen Regierung ist Nummer zwei auf der Liste der rechten UMP und wird am kommenden Sonntag auf jeden Fall gewählt werden. Anschließend muss sie die Place Vendôme im Zentrum von Paris, wo sie in den letzten zwei Jahren einige der radikalsten Reformen der Sarkozy-Ära durchexerziert hat - darunter härtere Strafen für Wiederholungstäter, Pauschalstrafen, Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters, Schließung zahlreicher Provinzgerichte -, verlassen.
Als Staatspräsident Nicolas Sarkozy Rachida Dati zur Europaabgeordneten verdonnerte, wehrte sie sich zunächst mit Händen und Füßen. Nach zwei Jahren im Rampenlicht ist das Europaparlament ein Abstieg. Doch Sarkozy machte klar, dass sie im Justizministerin ausgedient habe. Und Rachida Dati, die über den Staatspräsidenten sagt: "Meinen Eltern habe ich meine biologische Existenz zu verdanken, ihm meine soziale", nahm die Europakandidatur an. Seither hat sie neben ihrer Arbeit als Ministerin 40 Wahlkampfauftritte absolviert.
An diesem Pfingstsonntag ist sie im Marktgedrängel in dem 80 Kilometer östlich von Paris gelegenen Coulommiers. Zwischen einem Dutzend von schwarz gekleideten Männern aus der UMP-Jugend, den "jungen Populären", wirkt die Ministerin trotz der hohen, schwarzen Stilettoschuhe winzig. Gönnerhaft zeigt sie ihr Lächeln, das in den letzten Monaten die Titel zahlreicher Blätter der Regenbogenpresse gefüllt hat. Gibt Auskunft über die Befindlichkeit ihrer fünfmonatigen Tochter Zohra: "Es geht ihr blendend." Verteilt Autogramme. Und posiert für Fotos. Aber über Politik verliert sie kein einziges Wort. Auch nicht über Europa. "Das wird in anderen Versammlungen abgehandelt", sagt sie der taz, "hier geht es um den direkten Kontakt." Die - vereinzelten - politischen Zwischenrufe aus dem Marktgedrängel kommen von FlugblattverteilerInnen der linken Parteien. In Coulommiers haben sei keine Chance. "Was will sie hier?", ruft ein Mann wütend: "Unser Gericht hat sie doch schon geschlossen?" Dati überhört es und zieht weiter. Lächelnd.
Der grüne Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit hat gewettet, dass Dati es nicht lange in Straßburg aushalten wird, wo die Ausschusssitzungen streng und Fotografen selten sind. Aber sie ist entschlossen, das Gegenteil zu beweisen. Langfristig freilich ist Europa kein Karriereziel für sie. Die 43-Jährige will mit Networking, mit Studien, mit Charme, mit Energie und Hartnäckigkeit die Paläste der Republik erobern. Das Rathaus von Paris zum Beispiel.
In ihrer Zeit im Justizministerium hat Dati jede Menge Protest ausgelöst - von den RichterInnen, über die AnwältInnen und GefängniswärterInnen bis hin zu Abgeordneten der UMP. Aber an der rechten Basis ist sie populär wie ein Popstar. Sie ist die Inkarnation eines republikanischen Traums.
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