EU-Kampfeinsatz am Horn von Afrika: Deutschland sucht 1.400 Piratenjäger
Bis zu 1.400 deutsche Soldaten sollen mit Fregatten vor der Küste Somalias Piraten jagen und versenken. Der Bundestag will bis Weihnachten entscheiden.
BERLIN taz/dpa Bis zu 1.400 Soldatinnen und Soldaten will die Bundesregierung vor die somalische Küste zur Piratenbekämpfung schicken. Diese Zahl wird in Verteidigungskreisen nicht mehr dementiert, auch wenn das Verteidigungsministerium vor "Spekulation" warnt.
Am 3. oder 10. Dezember soll das Kabinett einen entsprechenden Beschluss fassen, der dann vor Weihnachten noch vom Bundestag abgesegnet werden muss. Denn die EU will ihre Anti-Piraten-Mission "Atalanta" im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) schon am 8. Dezember mit bis zu sieben Schiffen starten. Sie soll die derzeit laufende Nato-Mission mit vier Schiffen ablösen.
Weil das zu überwachende Seegebiet am Horn von Afrika so groß ist, hat ein Mitarbeiter des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam jüngst erklärt, brauche man eigentlich 500 Schiffe. Doch dies wird vom Verteidigungsministerium noch weit schärfer in den Bereich der "Spekulation" verwiesen. Angedeutet werden sollte offenbar nur, wie viel beziehungsweise wenig die EU-Mission ausrichten können wird, wenn sie so stark beschränkt bleibt. Doch wollen die USA und Russland ebenfalls ihren Kampf gegen Piraten an der so wichtigen Handelsroute durch den Golf von Aden verstärken.
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat für "Atalanta" bereits den Einsatz einer Fregatte zugesagt, die mit rund 250 Seeleuten besetzt würde. Beim regulären Personalaustausch ergeben sich stets Überschneidungen im Einsatzgebiet, deshalb wären für diese Fregatte mindestens 500 Soldaten nötig.
Eine weitere deutsche Fregatte ist derzeit am Horn von Afrika für die "Operation Enduring Freedom" (OEF), den Antiterrorkrieg der USA, im Einsatz. Da vorgesehen ist, diese OEF-Fregatte auch für "Atalanta" einzusetzen, sollte sie gerade dichter an einem Piratenschiff schwimmen als die eigentliche "Atalanta"-Fregatte, wäre ihr Personal ebenfalls ins neue Bundeswehrmandat einzurechnen. Hinzu kommen wahrscheinlich noch Soldaten, die auf deutschen Frachtern mitfahren.
Der - noch nicht ausreichend detaillierte - EU-Auftrag lautet, "Atalanta" solle "die notwendigen Maßnahmen, einschließlich des Gebrauchs von Gewalt", ergreifen, um Piraten abzuschrecken, ihren Angriffen vorzubeugen und ihre Überfälle zu verhindern. Verteidigungsminister Jung hat deshalb schon deutlich gemacht, dass er ein "robustes" Mandat vom Bundestag haben möchte, womit die Marine Schiffe also auch beschießen und versenken kann. Das Auswärtige Amt, heißt es, zögert noch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid