EU-Flüchtlingspolitik: "Deutschland muss etwas tun"
Insgesamt sind 4,9 Millionen Menschen aus dem Irak auf der Flucht. Aber der französische EU-Vorsitz will keine Zusagen für mehr Aufnahmen in Europa machen.
BERLIN taz/afp/dpa Die Initiative von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) für die Aufnahme irakischer Flüchtlinge in der Europäischen Union droht im Sande zu verlaufen. Nach Angaben von EU-Diplomaten will der französische EU-Vorsitz beim Treffen der europäischen Innenminister am kommenden Donnerstag in Brüssel einen stark abgeschwächten Kompromissvorschlag vorlegen. Statt verbindlicher Zusagen sei darin nur noch ein allgemeiner Appell an die Mitgliedstaten vorgesehen, in Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk mehr Iraker aufzunehmen, heißt es. Experten bezweifeln, dass dies zur Entspannung in der Region führen würde.
Ursprünglich hatte Schäuble vorgeschlagen, dass die EU-Mitgliedsländer verfolgte Christen aus dem Irak aufnehmen sollen. Nach Kritik aus der EU lenkte er ein und erweiterte seinen Vorschlag auf andere Gruppen, vor allem um religiöse Minderheiten. Zudem sieht Schäubles Vorschlag inzwischen vor, auch Flüchtlinge aus den Lagern in den Nachbarländern aufzunehmen. Dazu hatte das Flüchtlingshilfswerk der UN, das UNHCR, dringend geraten. Erst am Mittwoch hatte UN-Flüchtlingshochkommissar António Guterres die EU-Staaten angesichts der kriegsähnlichen Lage im Irak zu entschiedenen Handeln aufgerufen. Nach Schätzungen gibt es 2,7 Millionen Binnenvertriebene im Irak selbst und 2,2 Millionen Flüchtlinge in den Nachbarstaaten, insbesondere in Syrien und Jordanien.
"Ich würde es sehr bedauern, wenn diese Initiative in der EU nicht zum Erfolg führen würde", sagte am Sonntag Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) der taz. Er hatte in Absprache mit Schäuble unter den Länderinnenministern dafür geworben, dass die Bundesrepublik bereits vor einem gemeinsamen EU-Beschluss irakische Flüchtlinge ins Land holt. Körting forderte den Bundesinnenminister auf, jetzt an die Innenminister der Länder heranzutreten und dafür zu sorgen, dass die Bundesrepublik im Rahmen ihrer Möglichkeit aktiv werde. Um wie viele Flüchtlinge es dabei gehen soll, war bislang nicht zu erfahren.
Doch nicht alle Länderinnenminister sind von den Aufnahmeplänen angetan. So sprach sich Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) dagegen aus, Flüchtlinge aus den Lagern in den Nachbarländern einreisen zu lassen. Dies bringe erhebliche Sicherheitsprobleme mit sich, sagte Schünemanns Sprecher. Es bestehe die Gefahr, dass mit den Flüchtlingen aus den Lagern verdeckt Terroristen ins Land kämen.
Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht die Aufnahmepläne kritisch. Nach seinen Vorstellungen soll Deutschland nur Christen aufnehmen. "Ich habe kein Verständnis für eine Ausweitung der Aufnahme auch auf Muslime", sagte Herrmann der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. "Für eine Aufnahme in Europa hätte die Bevölkerung sicher kein Verständnis."
Der Berliner Innensenator sieht das anders. "Meiner Ansicht nach muss die Schutzbedürftigkeit der Menschen im Vordergrund stehen", sagte Körting. Im Irak seien das in der Praxis besonders religiöse Minderheiten, vor allem Christen. "Aber eben auch Jesiden und andere."
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