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EU-Finanzminister beratenEuropäische Griechenlandhilfe stockt

Nur in kleinen Schritten bewegen sich die Euro-Kassenhüter auf einen Kompromiss zu. Eins ist klar: Ohne neue Sparbeschlüsse des Parlaments in Athen gibt es kein neues Geld.

Auch Athen ist nicht untätig: Die Proteste gehen weiter. Bild: dapd

LUXEMBURG dpa/rtr | Die Euro-Kassenhüter kommen am Montagvormittag erneut in Luxemburg zusammen, um über die Rettung Griechenlands vor der drohenden Staatspleite zu beraten. Bis weit in die Nacht dauernde Krisenberatungen der Ressortchefs ergaben, dass es endgültige Entscheidungen frühestens Anfang Juli geben wird.

Die Finanzchef einigten sich nach langem Streit auf einen ersten Schritt hin zu einem neuen Rettungspaket für den Schuldensünder: Private Gläubiger wie Banken und Versicherungen sollen auf freiwilliger Basis einen Teil der Lasten tragen.

Deutschland konnte laut Diplomaten weitreichende Forderungen nicht vollständig durchsetzen. Das neue Paket soll nach nicht-offiziellen Angaben einen Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro haben.

Der Vorsitzende der Ministerrunde, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, sagte am frühen Morgen, vor endgültigen Entscheidungen müsse das griechische Parlament Ende des Monats seine Gesetze zu weiteren Sparmaßnahmen verabschieden. "Es muss klar sein, dass Griechenland eine Lage herbeiführen muss, wo alle Verpflichtungen übernommen werden."

Auszahlung stockt

Nach Angaben Junckers haben die Minister noch nicht über die Auszahlung einer von Athen dringend benötigten Kredittranche aus dem alten Hilfsprogramm entschieden. Diese für Juli geplante Auszahlung macht inklusive eines Anteils des Internationalen Währungsfonds 12 Milliarden Euro aus. "Wir kommen darauf Anfang Juli zurück", so Juncker.

Die Beteiligung von privaten Gläubigern an einem neuen Rettungspaket war bisher in der Eurozone sehr umstritten. Deutschland war mit weitreichenden Vorstellungen auf den Widerstand der Europäischen Zentralbank gestoßen. Jetzt bewegt sich die Eurozone auf eine Kompromisslösung zu.

Im weiteren Tagesverlauf werden die Ressortchefs aller 27 EU-Staaten über den ständigen Rettungsfonds ESM für kriselnde Eurostaaten beraten, der 2013 eingerichtet werden und eine Kapitalbasis von 700 Milliarden Euro haben soll. Ein weiteres Thema ist ein umfangreiches Gesetzespaket zur Verschärfung der Wirtschaftsaufsicht und des Euro-Stabilitätspaktes. Das Paket wird derzeit mit dem Europaparlament verhandelt.

Vertrauensabstimmung in Athen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble macht weitere Hilfskredite für Griechenland von der Zustimmung des griechischen Parlaments zu weiteren Sparzielen abhängig. "Erst muss Griechenland die Bedingungen erfüllen, dann kann man ein neues Programm so beschließen, dass die Auszahlung der Tranche möglich ist", sagte Schäuble am Montag im Deutschlandfunk.

In der Nacht hatten die Euro-Finanzminister beschlossen, dass der dringend benötigte Kredit über zwölf Milliarden Euro an Griechenland nur ausgezahlt wird, wenn die versprochenen Spar- und Reformzusagen im Parlament beschlossen werden. Am Dienstag gibt es im griechischen Parlament eine Vertrauensabstimmung über das neue Kabinett von Ministerpräsident Giorgos Papandreou.

Schäuble betonte: "Wenn die Griechen die notwendigen Entscheidungen nicht treffen wollen oder nicht treffen können, kann dieser Weg nicht gegangen werden." Wenn alle zu ihrer Verantwortung stünden, könne im Falle Griechenlands großer Schaden vermieden werden. Daran habe auch die Europäische Zentralbank (EZB) ein großes Interesse.

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4 Kommentare

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  • G
    gunT19

    Es ist unfassbar wie da rumgeiert wird. Die müssen raus aus dem EURO. Dann können sie sich wieder ihrem Uzo widmen.

  • G
    geschichtswerkstatt

    In diesem Falle muß ich Frau Wagenknecht recht geben, die Griechen sind nicht per se arme Leute. Dort wurde im letzten Jahrzehnt immer zwei bis dreimal so viel Wert importiert wie exportiert. Und die beiden wichtigsten Handelspartner Griechenlands sind Deutschland und Italien. Man hat also massiv über seine Verhältnisse gelebt und will jetzt den Dickkopf heraushängen lassen. Andererseits wirft das aber ein Licht auf die deutsche Exportweltmeisterpsychose. Es wird exportiert auf Teufel komm raus und keiner fragt, sich, ob für die deutsche Volkswirtschaft dabei ein Gewinn herein kommt. Ich kann einfach nicht glauben, daß in den verantwortlichen Kreisen die Hosen so ungeniert mit der Beißzange angezogen werden. Da will uns doch jemand verarschen?

  • UR
    Udo Radert

    Was Frau Merkel bei ihrem "Umfallen" mit der Beteiligung privater Geldgeber (Banken) gemacht hat, war mal wieder typisch für sie aber darüber wird kaum geredet.

     

    Zwei Sachen standen (und das wußte sie genau) von Anfang an fest:

     

    1.) Weitere Hilfen ohne Auflagen wie eben die Beteiligung der Banken sind in Deutschland *innenpolitisch* nicht durchsetzbar, weder bei ihrem Koalitionspartner, noch bei ihrem eigenen Finanzminister, von der Opposition mal gleich ganz zu schweigen.

     

    2.) Genau diese Auflagen also die Beteiligung von Banken sind aber wiederum *außenpolitisch* nicht durchsetzbar, da haben die Banken international zuviel Einfluß und vor allem ist es ja (jedenfalls de facto) soweit gekommen, dass Zwerg-Staaten wie Luxemburg und Co. am Ende mitbestimmen das wir zahlen müssen. ( Wobei die Betonung bei "mitbestimmen" nicht auf der ersten Silbe liegt.)

     

    Was macht unsere Freiheitsmedaillenträgerin Frau Merkel also?

     

    Zu Hause läßt sich sich wochenlang in den Medien als angebliche Kämpferin feiern, die vom Ausland deswegen abgewatscht wird, sammelt also überlange Zeit hinweg Sympathiepunkte.

     

    Dann trifft sie sich mit Sarkozy und macht das Gegenteil von dem mit ihm fest, was sie vorher propagiert hat(te) - denn "freiwillige" Beteiligungen der Banken sind Unfug und nur ein Feigenblatt, das *dürfen* die Banken noch nicht mal nach dem Gesetz, denn als Unternehmen sind sie ihren Aktionären gegenüber sogar *verpflichtet* Verluste zu vermeiden.

     

    Aber zurück zu Frau Merkel:

     

    Sie kommt nach Hause, hat alle überrumpelt (bzw. verraten), wird ein paar Tage in den Medien ob ihres (geplanten) Umfallens abgewatscht - und das wars dann.

     

    Die Bilanz fällt für *Sie* durchaus erträglich aus:

     

    Wochenlang positive Publicity, keine partei- und koalitionsinternen Streitereien, außenpolitisch die Interessen DER ANDEREN (!) bedient und als Krönung des ganzen sogar noch behaupten können sie hätte sich "durchgesetzt", ist doch eine Bankenbeteiligung jetzt da, wenn auch "freiwillig".

     

    Und beteiligen werden sich einige Banken auch tatsächlich müssen, die deutschen Landes- (sprich: Staatsbanken) nämlich, die haben keine Wahl und sind genau das Feigenblatt, was Merkel braucht.

     

    Die anderen Banken kann man nicht zwingen und die werden sich auch auf nichts einlassen, was am Ende Verluste bringt.

     

    Die Verluste der Landesbanken aber wird am Ende wieder nur der Steuerzahler tragen müssen, schließlich gehören sie ihm ja auch de facto.

     

    Das war also der Coup von Frau Merkel:

     

    Intellektuell nicht besonders anspruchsvoll, eigentlich auch leicht zu durchschauen - aber wirkungsvoll!

     

    Dank der öffentlich-rechtlichen Staatsmedien, die man ja fest an der Leine hat, genauso, wie der Privaten, die ebenfalls kuschen, quasi als Gegenleistung dafür, dass man die privaten Banken und reichen Geldgeber ungeschoren davon kommen läßt.

     

    Früher nannte man sowas (völlig zurecht) kriminell, heute bezeichnet man das als Politik und verleiht den skrupelosesten Halunken dafür Orden und Medaillen!

  • DN
    Dr. No

    Den Griechen werden immer neue Sparauflagen gemacht, mit denen die kleinen Leute abgezockt werden sollen. Warum verpflichtet man die Griechen nicht endlich, das Geld da zu holen, wo es ist, wie Sahra Wagenknecht immer sagt. Athen hat die größte Porsche-Niederlassung in ganz Europa!!!