EU DROHT TÜRKEI MIT ABBRUCH VON VERHANDLUNGEN, DIE ES NICHT GIBT : Eine Luftnummer trickreicher Finnen
Es wirkt wie ein strenger Verweis für die Türkei: Früher als erwartet hat die EU-Kommission gestern angekündigt, dass 8 von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln vorläufig nicht mehr behandelt werden sollen, solange die Türkei ihre Häfen und Flughäfen nicht auch für den griechischen Teil Zyperns öffnet. Doch tatsächlich ist die Kommission damit eher der moderaten finnischen Linie gefolgt, die verhindern will, dass sich die Hardliner in der EU durchsetzen und die Gespräche mit der Türkei ganz abreißen.
Vermutlich wird der EU-Gipfel Mitte Dezember dem Vorschlag der Kommission folgen. Eigentlich könnten sich dann alle beruhigt zurücklehnen, weil es ja genügend weitere Kapitel gibt, über die noch gesprochen werden kann. Nur, das ist reine Theorie. In der Realität finden nämlich seit Mai gar keine Verhandlungen mehr statt. Die EU hat sich auf den Verhandlungsmodus festgelegt, dass mit der Türkei immer nur ein Kapitel verhandelt wird. Über den erfolgreichen Abschluss müssen sich dann alle Mitgliedstaaten einig sein, bevor ein neues Kapitel begonnen werden kann – wiederum nur auf einstimmigen Beschluss aller Mitgliedstaaten hin. Bislang ist nur „Wissenschaft und Forschung“ behandelt und im Mai abgeschlossen worden. Seitdem verhindert die Regierung von Zypern, dass ein weiteres Kapitel angegangen wird. Daran wird auch der kommende EU-Gipfel nichts ändern, wie der zypriotische Präsident Tassos Papadopoulos angekündigt hat.
Konkret: Es werden keine Verhandlungen mit der Türkei mehr stattfinden, solange nicht eine einvernehmliche Wiedervereinigung Zyperns erreicht ist. Der jetzige EU-Beschluss ist daher eine reine Luftnummer. Angesichts der internen Zerstrittenheit der EU werden sich wohl alle mit dieser Form von Nichtpolitik begnügen. Zumindest bis die Präsidentschaftswahlen in Frankreich vorüber sind. Denn solange dort die Konservativen regieren, werden die griechischen Zyprioten immer mächtige Unterstützer finden, die jeden Anlass nutzen, um die Türkei aus der EU fernzuhalten.
JÜRGEN GOTTSCHLICH