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EU-Außenpolitik zum Konflikt in Mali„Wir brauchen Dialog mit den Tuareg“

Der korsische Europaabgeordnete François Alfonsi wendet sich gegen eine militärische Lösung des Konflikts in Mali. Die Forderungen der Tuareg sind legitim, sagt er.

Die Tuareg in Mali sind religiös, aber nicht fundamental, sagt François Alfonsi. Bild: dapd
Interview von François Misser

taz: Die EU hat sich gegen die Sezession des Tuareg-Gebiets von Mali ausgesprochen, und die EU-Außenpolitikbeauftragte Catherine Ashton hat Beratungen über eine Unterstützung der Armee Malis zur Rückeroberung des Nordens aufgenommen. Sie hat dafür breite Unterstützung im Europaparlament erhalten – außer von einigen kleineren Gruppen wie der Ihren. Wieso sind Sie dagegen?

François Alfonsi: Wir hatten den Eindruck, dass Ashton eine militärische Lösung vorzieht, obwohl die Tuareg-Frage eine sehr alte ist, die schon viele Verhandlungsprozesse hinter sich hat. Die Tuareg sind immer wieder betrogen worden, nachdem sie Friedensabkommen mit Regierungen in Mali geschlossen haben. Ihre identitären Forderungen sind legitim, man muss sie anhören und verstehen. Die militärische Lösung wäre eine Sackgasse. Es würde viele Flüchtlinge geben, und politisch würde man nicht weiterkommen. Der radikale Islamismus würde dadurch an Boden gewinnen.

Die Tuareg sind zwar Muslime, aber haben mit Fundamentalismus nichts zu tun; ihr traditionelles Recht ist viel toleranter und gewährt auch den Frauen Rechte. Also sollte man nicht mit Repression drohen und mit einer Militärdiktatur, die in der riesigen Wüste die Waffen klirren lässt, sondern einen Dialog mit den Tuareg führen.

Plant die Europäische Union wirklich den Einsatz militärischer Mittel?

Catherine Ashton hat die Einsetzung einer Übergangsregierung in Mali begrüßt und ihren Willen unterstützt, die territoriale Integrität des Landes wiederherzustellen. Doch gegen eine bewaffnete Rebellion kann das nur mit Gewalt erfolgen. Also unterstützt Ashton diesen Weg. Mit welchen Mitteln? Das kann sehr weit gehen, bis zu Luftunterstützung und Luftangriffen. Das wäre genau das, was die radikalen Islamisten der AQMI wollen.

In Malis Hauptstadt Bamako sagt man aber eher: Dialog mit den Sezessionisten bestätigt deren kriegerische Linie.

Bild: Europaparlament
Im Interview: François Alfonsi

ist französischer Europaabgeordneter für die korsisch-nationalistische Partitu di a Nazione Corsa (PNC), Teil der Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz. Er will gemeinsam mit schottischen und flämischen Nationalisten Vertreter der Tuareg-Rebellenarmee MNLA (Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad), die kurz vor Ostern im Norden Malis einen eigenen Staat ausrief, zur EU einladen.

Es hat doch schon oft Dialog mit Tuareg-Rebellen gegeben. Es gab das Abkommen von 1992. Dann wurde es nicht respektiert, so gab es ein neues Abkommen 2006. Es ist auch nicht respektiert worden. Nun haben wir einen Konflikt. Den löst man entweder durch Vernichtung einer Seite oder durch Dialog und Kompromiss. Kompromisse auf dem Verhandlungsweg hat es bereits gegeben, also ist bekannt, wie sie aussehen können. Malis Regierung hat die bisherigen Abkommen unterschrieben. Europa sollte sich engagieren, damit die Abkommen umgesetzt werden.

Profitieren von der Tuareg-Revolte nicht vor allem die Islamisten?

Der Islamismus ist erst spät dazugekommen. Hätte man die Tuareg-Frage vorher gelöst, dann wären wir jetzt in einer viel stabileren Situation. Weil der Tuareg-Konflikt nicht gelöst wurde, gibt es Instabilität, von der diejenigen profitieren, die von den Islamisten finanziert werden.

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5 Kommentare

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  • G
    Geronimo

    Das Problem war und ist es immer noch: Iyad Ag Ghaly.

     

    Er war als Anführer der 2012er Bewegung nicht willkommen. Da hat er seine eigene Organisation gegründet. Ihm ging es immer nur um SEIN Wohlergehen. Bei ihm ist es wie bei einem Raucher der mit dem Rauchen aufgehört hat. Erst Saufen und Huren und dann einen auf fromm machen. Wenn einer schon aus einem Wahabiten-Staat wegen extremer Auslegung des Koran ausgewiesen wird dann muss einem das zu denken geben.

     

    Salafist ist er sicher nicht, aber er tut so als ob.

     

    Die Kel Tamashek werden ihm "on the long run" mit Sicherheit in den Arsch treten.

  • MP
    Maria Pichler

    Eine militärische Einmischung anderer Staaten in diesen Konflikt - auch nicht indirekt ! - ist keinesfalls akzeptabel!

     

    Viele Menschen in Mali - und auch in den angrenzenden Staaten, Niger, Burkina Faso,

    leiden nicht nur unter diesem Konflikt -

    sondern es herrscht ausserdem dort - in-

    folge der seit dem Frühjahr herrschenden

    Dürre - eine große Hungersnot!

     

    Meldungen darüber waren - leider nur

    hin und wieder - in unseren Medien zu

    erfahren.

     

    Benötigt wird jetzt keine Waffengewalt, sondern sofortige Hilfe im humanitären

    Bereich! Unterstützung für die vor Ort

    helfenden Organisationen ist demnach

    Pflicht!

     

    Mir tun die Menschen dort unendlich leid,

    sie können sich nicht wehren und m.M. soll

    den Tuareg die volle Autonomie

    gewährt werden!

  • MF
    Marcus Friese

    Ich kann beiden Kommentaren zustimmen: Die Tuareg sind ein ehrbares und freundliches Volk und die "Rebellen" begehen nachwesibar zahlreiche und systematische Menschenrechtsverletzungen.

     

    Wie das zusammen passt? Die Rebellenbewegungen sind nicht mit dem Volk der Tuareg gleichzusetzten, sie vertreten nur Partikularinteressen und werden dafür von so naiven Politikern wie Herrn Alfonsi unterstützt. Der Einsatz für marginalisierte Völker ist eine noble Sache, sich zum Handlanger von kriminellen Kriegsverbrechern machen zu lassen und deren "Freiheitskämpferrhetorik" unkritisch zu übernehmen, ist eine andere.

    Die Zusammenarbeit zwischen MNLA und Islamisten ist zu offensichtlich. Separatisten und Islamisten bereichern sich gemeinsam an den armen Völkern Nordmalis und werden nie ein stabile, gerechte, friedliche Regierung bilden können. Deshalb hat Frau Ashton Recht. Wir können nur hoffen, dass ein drohender Bürgerkrieg durch internationalen Druckl verhindert werden kann.

  • HS
    Haike Spiller

    Seit Jahrhunderten teilen die Tuareg sich die Wueste und die Sahelzone mit anderen Staemmen. Diese sind nicht an einem unabhaengigen Tuareg-Staat interessiert, und fuehlen sich in keiner Weise repraesentiert. Die Tatsache, dass bei den Gewalttaten, Vergewaltigungen und Verschleppungen in Gao, Kidal, und Timbuktu hauptsaechlich Bellafrauen und -maedchen zum Opfer fielen (siehe http://www.hrw.org/news/2012/04/30/mali-war-crimes-northern-rebels) deutet auf einer der wahren, aber hoechst peinlichen Beweggruende fuer die Tuaregbewegung: die Erhaltung der Sklaverei. Davon spricht keiner in der internationale Presse, denn das passt nicht in das 'sexy' Bild, das wir uns so gerne von den 'Blauen Maennern der Wueste' machen ...

  • M
    Mali

    Es stimmt, die Tuareg sind ein ehrbares und freundliches Volk. Wenn man ihnen etwas Autonomie gewährt hätte, sähe die Sache jetzt ganz anders aus...

    Impressionen aus dem Mali vor Putsch und Azawad gibt es auf http://www.vmali.de