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Archiv-Artikel

ERIC BONSE ÜBER DEN PERSONALPOKER IN DER EUROPÄISCHEN UNION Her mit den Namen!

Sie können es nicht. Und sie wollen es auch nicht. Knapp zwei Monate nach der Europawahl haben es die Staats- und Regierungschefs der EU immer noch nicht geschafft, ein neues Führungsteam aufzustellen. Nationale Egoismen und parteipolitische Interessen waren wieder einmal stärker als der Einigungswille.

Fast noch ärgerlicher als das Scheitern des jüngsten EU-Gipfels ist jedoch die Geheimniskrämerei. Erst gab es stundenlange Vorgespräche im Hinterzimmer. Am Ende eines langen Abends hieß es dann, man habe nicht einmal über Namen diskutiert. Dabei war der Gipfel doch einzig und allein dafür einberufen worden.

Es geht um die Nachfolger für Ratspräsident Van Rompuy und die Außenbeauftragte Ashton, zudem um die Führung der Eurogruppe. Kanzlerin Merkel und ihre Kollegen hatten wochenlang Zeit, ihre Kandidaten zu nominieren. Welche Namen infrage kommen, steht in jeder Zeitung.

Da stehen Sozialdemokraten gegen Konservative, Putin-Versteher gegen Russland-Basher, Ost- gegen Südeuropäer, Euroländer gegen Nicht-Euroländer. Weil die Lage so verfahren ist, werden sogar neue Kandidaten aus dem Hut gezaubert. Polens Premier Tusk wurde extra ins Gebet genommen – er könnte zum Joker werden.

All das ist bekannt – doch die EU-Chefs tun so, als dürften wir es nicht wissen. Am Ende, vermutlich beim nächsten Sondergipfel Ende August, wollen sie dem staunenden Publikum ein Personalpaket aus dem Hut zaubern. Dabei setzen sie auf Konsens statt auf Mehrheitsentscheidungen.

Wohin das führt? Zu einem zweitklassigen Team mit politischen Nobodys. Doch so kann es nicht weitergehen. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, zu erfahren, wer sich für welchen Kandidaten einsetzt – und warum. Die Namen müssen auf den Tisch, und zwar schnell.

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