ENRICO IPPOLITO DER WOCHENENDKRIMI : Realität oder Fiktion?
Ein Volldepp ist er. Ein Spinner. Einer, den niemand ernst nimmt. Der New Yorker Taxifahrer Jerry Fletcher (Mel Gibson, als er noch gut war) nervt seine Fahrgäste mit abstrusen Verschwörungstheorien. Die Themen sind vielfältig, von Aliens bis zu politischen Morden. Vor allem belästigt er damit die Staatsanwältin Alice Sutton (Julia Roberts, wie immer fantastisch), in die er heimlich verliebt ist.
Fletcher hat sie einmal davor bewahrt, Opfer eines Diebstahls zu werden – daher lässt sie ihn jedes Mal gewähren. Erst als Fletcher und Sutton um ihr Leben bangen, beginnt sie seinen Theorien zuzuhören.
Regisseur Richard Donner („Lethal-Weapon“-Serie; ebenfalls mit Gibson in der Hauptrolle) liefert mit „Fletchers Visionen“ einen Verschwörungsthriller, der zwar sehr konventionell gedreht wurde (hey, es waren aber auch die 90er Jahre), aber trotzdem für Überraschungen sorgt und Fragen aufwirft. Der Schnitt ist schnell, die ständigen Entführungen von Fletcher nerven allerdings, und die Handlung hat so ihre Schwächen.
Dass CIA und FBI, überhaupt der ganze Staatsapparat, geheime und illegale Experimente an Menschen vollziehen, ist ja einer der großen Klassiker in der US-amerikanischen Film- und Fernsehtradition („Akte X – die unheimlichen Fälle des FBI“). Und so abwegig ist es nicht. Im Film wird kurz auf „MKUltra“ hingewiesen, ein reales geheimes Forschungsprojekt der CIA über Möglichkeiten der Bewusstseinskontrolle. Dieses Geheimprojekt umfasste auch Menschenversuche, bei denen nichtsahnende Testpersonen LSD und Meskalin bekamen. So viel zu Realität und Fiktion.
Dass „Fletchers Visionen“ neben den ganzen wirren Theorien Spaß macht, liegt vor allem am Zusammenspiel von Julia Roberts und Mel Gibson, die – wie sollte es auch anders sein – dieses romantische Knistern ständig aufrechterhalten, ohne dass es Ekel hervorruft.
■ „Fletchers Visionen“; Sa., 22.15 Uhr, RTL 2