EINEN NEUEN STABILITÄTSPAKT MÜSSEN ALLE EUROLÄNDER BESCHLIESSEN : Kommission denkt, Achse lenkt
Währungskommissar Pedro Solbes soll gegenüber Frankreich und Deutschland ein Auge zudrücken. Ginge er auf diese Zumutung ein, wäre von Helsinki bis Wien die Botschaft klar: Die deutsch-französische Achse lenkt nicht nur den Ministerrat, sondern auch die Kommission. Als unparteiischer Hüter der Verträge hätte Solbes dann versagt.
Da sich die Haushaltssünder an dem kühlen spanischen Wirtschaftsprofessor, der einfach nur seine Arbeit tut, die Zähne ausbeißen, wird nun unter die Gürtellinie getreten. Eine Stufe unter dem Kommissar steht der Generaldirektor. In diesem Fall heißt er Klaus Regling, einst Mitarbeiter von Kohls Finanzminister Theo Waigel in Bonn. Regling ist also ein Experte und Mann der ersten Stunde, da Waigel den Pakt einst zur Bedingung machte, bevor er die harte deutsche Mark mit Peseten und Lire in einen Topf zu werfen bereit war.
Der parteilose Regling, so wird nun in Berlin gestreut, hat in seiner Brüsseler Generaldirektion nichts besseres zu tun, als den vorbildlichen Sparkurs von Hans Eichel in Misskredit zu bringen. Doch Regling tut das Gleiche wie sein Kommissar: Er hält sich an das Verfahren, das Deutschland als Voraussetzung für eine stabile Einheitswährung mit beschlossen hat.
Wenn angesichts flauer Konjunktur und angespannter Haushaltslage die Defizitländer diese Einmischung aus Brüssel als Zumutung empfinden, müssen sie ihrerseits ihren Job machen: Sie müssen die Vertragsgrundlage ändern. Daran würde weder Pedro Solbes noch Klaus Regling die Regierungschefs hindern können. Vieles wäre denkbar: Eine höhere Defizitschwelle in Krisenzeiten etwa oder – wie von Frankreich vorgeschlagen – das Herausrechnen der Rüstungsausgaben aus dem Staatsdefizit.
Länder wie Luxemburg, die auch in der Krise noch gut dastehen, machen ganz andere Vorschläge: Ein neuer Pakt soll die Mitgliedsstaaten in fetten Jahren dazu zwingen, für Defizitzeiten vorzusorgen. Auch das ist denkbar. Alle Ansätze haben aber eines gemeinsam: Ein neuer Stabilitätspakt müsste von allen Euroländern einstimmig beschlossen werden. Diese Einmütigkeit ist nicht in Sicht. DANIELA WEINGÄRTNER