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Archiv-Artikel

EINE NEUE BRÜCKE ZWISCHEN DÄNEMARK UND DEUTSCHLAND IST UNSINNIG Ein Lob der Kaffeepause

Wie viel sollen SteuerzahlerInnen blechen, damit 6.000 Pkws und Lkws auf ihrer Fahrt zwischen Norddeutschland und Dänemark eine halbe Stunde sparen? Keine Mark – sagten Kanzler Kohl 1988 und Kanzler Schröder 12 Jahre später: Voraussetzung sei eine Privatfinanzierung. Die Idee an sich, eine Brücke über den Fehmarnbelt, fanden aber Kohl wie Schröder gut. Gestern wurden die Pläne von Berlin und Kopenhagen mal wieder mit einem prinzipiellen Regierungsübereinkommen aufgefrischt, auch wenn die Finanzierung nach wie vor in den Sternen steht. Brückenpläne sind zählebig, ökonomische und ökologische Vernunft zählen wenig.

Wie bei den meisten derartigen Großprojekten, die den AutofahrerInnen dienen, wird als Argument die Bahn vorgeschoben. Ihr nutze die neue Verbindung schließlich vor allem: Schnellgüterzüge zwischen Oslo, Stockholm, Kopenhagen und den industriellen Zentren Mitteleuropas würden die Lkw-Schlangen auf den verstopften Autobahnen auflösen. Doch wieso herrscht eigentlich noch immer der Glaube, dass über nationale Grenzen und neue Brücken hinweg besser funktionieren soll, was schon innerhalb des eigenen Landes nicht klappt? Gerade hat Ikea ein mit viel Zuversicht gestartetes Projekt mit eigenen Direktzügen zwischen dem schwedischen Zentrallager und Duisburg begraben. Die Probleme, die sich in der Praxis auftaten, als Lokomotiven mit viel Bürokratie und drei verschiedenen Strom- und Sicherheitssystemen klarkommen sollten, endeten für „Ikea Rail“ mit einer, wie Bahn-Fan und Ikea-Chef Kamprad eingestand, „wirtschaftlichen Katastrophe“.

Die direkte Schienenverbindung für den Güterzugverkehr zwischen Nordeuropa und dem „Kontinent“ gibt es, seit vor vier Jahren die Öresund-Verbindung eröffnet wurde. Nur wird diese viel zu wenig benutzt. Ihr Ausbau wäre für einen Bruchteil der ökonomischen und ökologischen Kosten des Fehmarn-Projekts zu haben. Und die AutofahrerInnen könnten weiterhin 40 Minuten Kaffeepause und den Blick vom Fährschiff auf die Ostsee genießen. REINHARD WOLFF