EIN POTSDAMER GERICHT NENNT RECHTE BRANDSTIFTER BEIM NAMEN : Terroristen, keine dummen Jungs
Jetzt darf man sie also offiziell Terroristen nennen. Zwölf junge Männer, die in Brandenburg monatelang Imbisse und Geschäfte von Ausländern überfallen und in Brand gesteckt haben. Sie wollten Menschen vertreiben und haben dafür deren Existenzen zerstört. Es ist richtig, dass diese Brandstifter nun Terroristen heißen.
Denn nicht nur während des Prozesses haben sie und ihr soziales Umfeld deutlich gemacht, dass sie die Taten als „Dumme-Jungen-Streich“ verstehen. Von Unrechtsbewusstsein keine Spur. Eltern, Freunde und Bekannte wälzten Schuld ab und bagatellisierten sie. Dabei wussten die jungen Täter sehr genau, was sie taten. Ihr Ziel war, eine ausländerfreie Zone herbeizubomben, und sie nahmen dabei den Tod von Menschen in Kauf. Sie hatten ein Programm, einen Mitgliedsbeitrag und einen Schriftführer. Eine Jugendbande sieht anders aus.
Das Urteil ist ein Signal an eine Gesellschaft, in der die Dumme-Jungen-Lüge zu weit verbreitet ist. Immer, wenn rechtsextreme Schläger wieder einmal jemanden zusammentreten, der ihnen nicht passt, ist die Einschätzung schnell zur Hand: Schlägereien habe es doch schon immer gegeben. Bahnhöfe, Parks und Parkplätze sind in Ostdeutschland so mancherorts zu Tabuzonen geworden. Weil die Weggucker und heimlichen Beifallspender sich mit der Dumme-Jungen-Lüge einfach selbst beruhigen können, nach dem Motto „Ist doch alles halb so wild“ und „Unsere Jugendlichen sind vollkommen unpolitisch“. Für den Alltagsterror machen sie sich damit ebenso verantwortlich wie die Täter.
Der wird auch durch das Potsdamer Gerichtsurteil nicht beendet, aber es nennt seine Gefährlichkeit endlich beim Namen; es setzt bei Eltern und Freunden der Täter vielleicht einen Denkprozess in Gang, zu dem sie selbst offenbar nicht mehr in der Lage sind. Es zeigt auch, dass der Staat im Kampf gegen rechts durchaus handlungsfähig ist. Die Rufe nach schärferen Gesetzen und größeren Handlungsvollmachten, die Politiker von links bis rechts gerne fordern, sind nicht überzeugend. Die Gesetze reichen aus, sie müssen nur konsequent angewendet werden. DANIEL SCHULZ