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Archiv-Artikel

EIN GEMEINSAMES TSUNAMI-WARNSYSTEM IST NICHT MEHR IN SICHT Realitätsblinde Hoffnungen

Indonesien bekommt ein deutsches Tsunami-Warnsystem. Die gestern von Forschungsministerin Edelgard Bulmahn unterzeichnete Vereinbarung setzt vorerst einen Schlusspunkt in dem Gerangel, wer nun beim Aufbau eines Warnsystems im Indischen Ozean federführend sein wird. Die deutschen Geoforscher können sich freuen, ist der Wunsch Indonesiens nach deutscher Technik nicht nur ein Lob für ihre Arbeit, gesichert ist damit auch über viele Jahre ein stetiges Wachstum der Forscherstätte. Denn bei Indonesien allein wird es aller Voraussicht nicht bleiben. Selbst Bulmahn spekuliert schon damit, dass andere Staaten Interesse an der deutschen Technik bekundet haben.

Die 45 Millionen Euro, die das Warnsystem im Endausbau kosten soll, sind angesichts der über 270.000 Todesopfer der Dezember-Katastrophe gut angelegt. Doch ein Wermutstropfen bleibt: Denn mit dem gestern unterzeichneten Abkommen ist auch das von der Unesco gesetzte Ziel gescheitert, ein gemeinsames Warnsystem aufzubauen. Eine vereinte Aktion war nicht durchsetzbar. Zu groß sind die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Staaten. Thailand wollte, dass die Zentrale des Tsunami-Warnsystems in Bangkok angesiedelt wird. Indien hatte nicht nur Vorbehalte dagegen, dass ein gemeinsames Warnsystem von US-amerikanischer Technik abhängig sein wird. Die politische Führung des Subkontinents möchte am liebsten auf niemanden angewiesen sein und wird wahrscheinlich auch bei dem Warnsystem eigene Wege gehen.

Aber auch die Staaten, die das Know-how für ein Hightech-Warnsystem besitzen, ziehen nicht am gleichen Ende des Stranges. Wirtschaftliche Eigeninteressen und geopolitische Überlegungen lösen sich eben auch nicht angesichts einer so großen Katastrophe einfach in Luft aus. Realitätsblind ist, wer anderes erwartet hat. Jetzt muss alles daran gesetzt werden, dass in nicht allzu ferner Zukunft die dann bestehenden verschiedenen Warnsysteme im Indischen Ozean und auf den anderen Weltmeeren allmählich und unaufhaltsam zusammenwachsen. WOLFGANG LÖHR