: EG pleite - Einzelstaaten sollen einspringen
■ Agrarsubventionen unbezahlbar / EG–Angestellte streiken gegen Gehaltskürzungen
Luxemburg (dpa/vwd) - Die Staaten der Europäischen Gemeinschaft haben sich grundsätzlich auf eine Regelung geeinigt, nach der die fehlenden Mittel im EG–Agrarbudget 1987 in Höhe von 4,3 Milliarden ECU (knapp neun Mrd. DM) aufgebracht werden sollen. Die Agrarminister kamen am Montag in Luxemburg überein, daß die Mitgliedsstaaten der EG die Ausgaben für die Landwirtschaft vorstrecken, sobald die Mittel im EG–Agrarhaushalt erschöpft sind. Die EG wird voraussichtlich Anfang November nicht mehr in der Lage sein, die Gelder für die Landwirtschaft - also für den Aufkauf von Agrarprodukten zu Garantiepreisen, für die Lagerung von Überschüssen oder für Exportsubventionen - im voraus zu zahlen. Nach Angaben einer EG– Sprecherin soll die Gemeinschaft die von den Mitgliedsstaaten vorgestreckten Summen jeweils nach zwei Monaten erstatten. Die Einigung war von den Staats– und Regierungschefs Ende Juni beim Brüsseler EG–Gipfeltreffen vorbereitet worden. Die Regelung soll - nach Vorliegen des Votums im Europaparlament - bei der nächsten Ratssitzung der Agrarminister im September formell beschlossen werden. Die Niederlande und Griechenland meldeten einen Vorbehalt an, könnten von den anderen Mitgliedsländern dann aber überstimmt werden. Die ärmeren EG– Länder Irland, Griechenland, Portugal und Spanien - wo zugleich die höchsten Zinssätze gelten - sollen für die Vorschußzahlungen von der EG Zinsen in Höhe von 6,8 Prozent im Jahr erhalten. Nach Angaben der EG–Kommission entstehen der Gemeinschaft durch die Zinsen für diese vier Staaten zusätzliche Kosten von 30 Millionen ECU (62 Mio. DM) im Jahr. Die Agrarausgaben, die die Mitgliedsländer der EG ab November vorschießen sollen, belaufen sich auf rund zwei Milliarden ECU (4,2 Mrd. DM) im Monat. Davon müßte die Bundesrepublik als größter Nettozahler knapp ein Drittel aufbringen. Da Bonn bei der Erstattung keine Zinsen bekommt, entsteht nach Angaben aus deutschen Delegationskreisen ein Verlust von zehn Millionen DM pro Monat. Das Agrardefizit machte zwei Drittel des Defizits im EG–Haushalt 1987 aus. Zur Schließung der restlichen Haushaltslücke von 2,1 Milliarden ECU (4,3 Mrd. DM) hatten die EG–Finanzminister vor eineinhalb Wochen einen Finanzierungsplan beschlossen, der die volle Ausschöpfung der Mehrwertsteuereinnahmen sowie eine Reihe von Umbuchungen und Einsparungen vorsieht. Die Beamten der verschiedenen EG–Institutionen werden am morgigen Dienstag in einen 24stündigen Warnstreik treten, um gegen Gehaltskürzungen zu protestieren. Dies wurde am Montag abend in Brüssel von den Gewerkschaften mitgeteilt. An der Arbeitsniederlegung nehmen voraussichtlich die fast 20.000 EG– Beamten beim Ministerrat, bei der EG–Kommission, beim Europäischen Parlament in Straßburg und beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg teil.
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