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Durchsuchungen bei Radio DreyecklandMaßnahmen nicht verhältnismäßig

Im Januar wurden die Redaktionsräume vom Freiburger Radio Dreyeckland durchsucht. Das Landgericht Karlsruhe sagt nun: Das war rechtswidrig.

Die Durchsuchung beim Radiosender Dreyeckland in Freiburg soll rechtswidrig gewesen sein Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Karlsruhe (dpa) | Die Durchsuchungen bei Radio Dreyeckland im Januar waren nach Auffassung des Karlsruher Landgerichts rechtswidrig. Der Erlass des Durchsuchungsbeschlusses durch das Amtsgericht Karlsruhe sei nicht verhältnismäßig gewesen, teilte ein Sprecher des Landgerichts am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe mit.

Ermittler hatten damals zwei Mitarbeiterwohnungen und Redaktionsräume des nichtkommerziellen Senders in Freiburg durchsucht. Der Vorwurf der Ermittler lautet früheren Angaben zufolge, auf der Homepage des Senders sei ein Bericht veröffentlicht worden, der einen Link auf ein Archiv der verbotenen Vereinigung „Linksunten.Indymedia“ enthalten habe.

Die Vereinigung „Linksunten.indymedia“ war im August 2017 vom Bundesinnenministerium nach Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg verboten und aufgelöst worden. Auf der Plattform sei zu linksextremistischen Straftaten aufgerufen worden, hieß es damals zur Begründung. „Linksunten.Indymedia“ war vom damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) als bedeutendste Plattform für gewaltbereite Linksextremisten in Deutschland bezeichnet worden.

Die Anwältin des Freiburger Senders, Angela Furmaniak, sagte nun mit Blick auf den jüngsten Beschluss des Landgerichts: „Das ist eine sehr erfreuliche Entscheidung, die das Grundrecht der Pressefreiheit gerade in kleinen und unabhängigen Medien stärkt.“ Der Sender und die Berliner Bürgerrechtsorganisation Gesellschaft für Freiheitsrechte hatten Beschwerde gegen die Durchsuchungen eingelegt.

Angeblich strafbare Verlinkung

Im Juni war gegen einen Redakteur des Senders Anklage vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Karlsruhe zugelassen worden. Dem Journalisten wird vorgeworfen, mit der Verlinkung weiteres Handeln einer verbotenen Vereinigung unterstützt zu haben.

Angeklagt ist er wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot, wie das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) damals mitgeteilt hatte. Die Anklage der Staatsanwaltschaft war in erster Instanz vom Landgericht Karlsruhe nicht zugelassen worden. Gegen den Beschluss hatte die Anklagebehörde Beschwerde eingereicht.

Wie der Sprecher des Karlsruhe Landgerichts nun bestätigte, soll das Verfahren geführt werden. Einen Termin gebe es aber noch nicht.

Radio Dreyeckland hat eine lange Tradition als links-alternativer Sender. Er entstand aus der regionalen Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er Jahre und bekam 1988 als erstes freies Radio in Deutschland eine Sendelizenz. Die Geschäftsführung hatte bereits unmittelbar nach den Durchsuchungen kritisiert, dass diese die Rundfunkfreiheit und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in gravierender Weise verletzten.

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3 Kommentare

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  • Was mich immer wieder irritiert: wenn das Agieren einer Behörde - manchmal Jahren nach der Repression - als "rechtswidrig" verurteilt wird, gibt es je negativen Folgen für die Behörde? Strafe oder sonstige Anklage ?



    Ich glaube nicht...



    Wer aber auf einer "falschen" Demo von der Polizei irgendetwas beschuldigt wird, hat echt lange Ärger... oder schlimmeres!

    • @Ninetto:

      Tja, das gehört wohl zu den nie behobenen Geburtsfehlern der Bonner Republik und der "Demokratischen Republik" der Kleinbürger in Ostberlin sowieso.



      Diese autoritäre Denke geht wohl weit zurück ins 19. Jahrhundert und findet sich auch in anderen Bereichen wieder.



      Warum darf kein deutscher Staatsanwalt oder Staatsanwältin keinen europäischen Haftbefehl mehr ausstellen? Der EuGH hat entschieden, dass diese nicht unabhängig weil weisungsgebunden gegenüber der Exekutive sind. Andere Länder innerhalb der EU sind da wohl deutlich weiter.

      Warum gelten wohl die Strafzahlungen bei Verstößen gegen die DSGVO nicht für öffentliche Behörden und Ämter, sondern nur für Unternehmen u.a. Privatpersonen?



      Es ist ja nicht so, dass diese Entitäten kein bezifferbares Jahresbudget haben anhand dessen sich die finanziellen Sanktionen i.H.v. bis zu 4 Prozent berechnen ließe. Pleite gehen können sie per Definition auch nicht, aber vielleicht würde es in schöner Regelmäßigkeit zu peinlichen Berichten und damit auch zu Fragen in der Presse kommen. Am Ende müssten sich die Verantwortlichen wohl möglich noch rechtfertigen. Oder - Gott bewahre - es würde sich tatsächlich etwas ändern, weil falsches Handeln oder nur bräsiges Verschlafen plötzlich konkrete und bezifferbare Konsequenzen hätte, und das auch noch für jeden in der Öffentlichkeit nachvollziehbar ausgebreitet. Das geht ja gar nicht!

    • @Ninetto:

      Rechtsbeugung im Amt müsste eigentlich automatisch Sanktionen zur Folge haben, ja.